31.07.2010 / Feuilleton / Seite 12

Kachelmann in Freiheit

Valentin Jahn
Unterschiedlich wie das Wetter können auch die Entscheidungen zweier Justiz­einrichtungen in derselben Sache sein. Das Landgericht Mannheim hatte für den TV-Wetterexperten Jörg Kachelmann aufgrund dringenden Tatverdachts Untersuchungshaft angeordnet und diese auch nach Haftbeschwerde bestätigt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe dagegen hat dieser Beschwerde nun stattgegeben und den 55jährigen bis zum Prozeßbeginn am 6. September auf freien Fuß gesetzt.

Ein Freispruch ist das allerdings noch lange nicht und verloren hat Kachelmann wahrscheinlich jetzt schon, nämlich seinen Job. Als Wetterfrosch im deutschen Fernsehen wird der einstige Sonnenschein der ARD vermutlich nicht mehr arbeiten.

Sollte das Mannheimer Landgericht Kachelmann freisprechen, könnte dieser im Gegenzug Schadenersatz von der Mannheimer Staatsanwaltschaft fordern. Einmal aufgrund des Verdienst­ausfalles während der U-Haft und, so steht es im Strafentschädigungsgesetz, auch aufgrund des Arbeitsplatzverlustes und des daraus resultierenden zukünftigen Verdienstausfalls.

Kommt bei einem möglichen Freispruch also eine kachelmannsche Prozeßlawine auf die Mannheimer Richter zu? Das mutmaßliche Opfer, seine ehemalige Freundin, hat er bereits wegen falscher Anschuldigungen verklagt. Es könnte also durchaus sein, daß der Mann, dessen Image unwiderruflich ramponiert ist, aus der Sache, wenn schon keinen Job, dann aber wenigstens einen Batzen Geld ziehen will.
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