Der Publizist Gideon Levy veröffentlichte am 18. Juli in
der israelischen Tageszeitung Haaretz einen Artikel, in dem es
heißt:
(…) Dieser Artikel ist nicht für falsche Patrioten
gedacht, die Brutalen und die Gehirngewaschenen, für jene, die
eine jüdische, araberfreie Knesset wünschen; eine
jüdische, ausländerfreie Gesellschaft, und einen Staat
ohne B’tselem oder den Obersten Gerichtshof.
Aber sie sind nicht die einzigen Komponenten in der israelischen
Gesellschaft. Da bleiben noch immer bedeutsame Komponenten. Die
Legionen, die gegen das Massaker von Sabra und Shatila 1982
demonstrierten, sind noch immer unter uns. Es gibt viele Leute, die
die Geschichte kennen, die wissen, was Demokratie ist, die entsetzt
sein sollten über das, was jetzt vor sich geht.
Entsetzt? Das ist genau der Punkt. Sie sind es nämlich nicht.
Sie hören, was mit Hanin Soabi geschah – und sind still.
Sie hören Knessetmitglieder vom Zentrum und von der Linken,
wie sie verbal ihre arabischen Kollegen angreifen – und
hören nichts. Sie erfahren von den gefährlichen
Gesetzentwürfen und verzeihen diese. Sie werden Zeugen von
McCarthyscher Hexenjagd gegen Nichtregierungsorganisationen,
Knessetmitglieder und Professoren und bleiben selbstzufrieden
ruhig. (...)
Soabi wird gehetzt, MK Tibi wird bedroht – na und? Sie sind
Araber. (…) Sie hören von Rabbinern, die gegen das
Vermieten von Wohnungen an Gastarbeiter schimpfen, sie hören
von der Hexenjagd gegen Ausländer, die auf der Suche nach
Arbeit illegal über die Grenze kommen, über die
Deportation der Kinder von Flüchtlingen und über die
zunehmende Gewalt der Polizei. Sie denken, das ist nicht nett
– aber es wird sie nicht treffen. Sie sehen, wie die
Vertreter von Kadima, ihrer Partei der Hoffnung, sich dieser
Kampagne der Hetze anschließen. Sie sehen die Vertreter
dieser falschen »Zentrum«-Partei
(…) Warum? Weil sie davon überzeugt sind, daß sie
selbst nicht in Gefahr sind. Es wird Zeit, ihnen, die sich
zurückgezogen haben und die sich nur um ihr eigenes Leben
kümmern, zu sagen, daß dies kommen wird. (…)
Polizeiliche Gewalt? Sie wird auch eure Kinder berühren. Sie
wird auch euch erreichen. Eure Zeitung und euer Fernsehen wird
anders aussehen; die Knesset, euer Gericht und eure Schulen werden
nicht mehr wiederzuerkennen sein. Es ist schon mehr als einmal
passiert, und es wird auch hier geschehen. Wenn nicht heute, dann
morgen. Das Monster hat seinen häßlichen Kopf gehoben,
es nähert sich uns. Es bleibt keiner, der es stoppen
könnte, und wenn es hierher kommt, wird es zu spät sein,
viel zu spät.
www.haaretz.com/print.edition/opinion/it-s-coming-to-you-1.302539
Übersetzung: Ellen Rohlfs