29.06.2010 / Ausland / Seite 7
Besorgniserregend
Von Knut Mellenthin
Besorgt« gab sich Rußlands Präsident Dmitri
Medwedew am Montag über die Aussage von CIA-Chef Leon Panetta,
Iran besitze genug schwach angereichertes Uran, um zwei Atombomben
zu bauen. »Was diese Information betrifft, muß sie noch
verifiziert werden«, zitierte die russische
Nachrichtenagentur RIA-Nowosti den Präsidenten, »aber
auf jeden Fall veranlassen solche Informationen immer zur Sorge.
(…) Wenn die Information der amerikanischen Geheimdienste
bestätigt wird, würde das die Lage noch angespannter
machen, und ich schließe nicht aus, daß diese
Angelegenheit zusätzliche Überlegungen erfordern
würde.«
Tatsächlich hatte Panetta allerdings keinerlei Erkenntnisse
offenbart, die nicht auch dem russischen Präsidenten oder den
Beratern in seiner Umgebung bekannt sein sollten. Wieviel schwach
angereichertes Uran der Iran besitzt, kann man in den
Vierteljahresberichten der Internationalen Atomenergiebehörde
(IAEA) nachlesen. In welchem Tempo dieser Vorrat derzeit
anwächst, steht dort ebenfalls. Ob die gegenwärtige Menge
für eine Bombe, für zwei oder für anderthalb
ausreichen würde, wird von Experten unterschiedlich gesehen.
Einig jedoch sind sich selbstverständlich alle Fachleute,
daß man aus schwach angereichertem Uran keine Bombe
herstellen könnte. Dazu müßte das Uran von jetzt
weniger als fünf Prozent auf über 90 Prozent angereichert
werden. Das tut Iran nicht. Würde es damit anfangen,
müßten diese Arbeitsprozesse der IAEA aufgrund ihres
umfassenden Kontrollsystems sofort auffallen.
Panetta äußerte ganz offensichtlich nur hypothetische
Überlegungen und nicht etwa neue Erkenntnisse, als er am
Sonntag in einem Gespräch mit dem US-Sender ABC sagte, falls
sich der Iran jetzt zum Bau einer Bombe entschließen sollte,
würde er dafür schätzungsweise zwei Jahre
benötigen. Der CIA-Chef setzte hinzu, die US-amerikanischen
Geheimdienste wüßten nicht, ob sich die iranische
Führung für die Herstellung von Atomwaffen entschieden
habe.
Keine neuen Informationen also. Aber trotzdem Stoff genug, um den
anscheinend sachlich inkompetenten russischen Präsidenten zu
nicht nur überflüssigen, sondern auch gefährlichen
Äußerungen zu veranlassen. Seine spontane Bereitschaft
zu »zusätzlichen Überlegungen« ist in der Tat
besorgniserregend.
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