21.06.2010 / Sport / Seite 16
Tagebuch eines Fußballmuffels
Maik Hölzel
Ich habe es vermasselt. Dieser Mann mit der bizarren Frisur, der
jetzt wohl Bundespräsident geworden ist, Netzer heißt
er, hatte mich eindringlich über eine Fernsehbotschaft
aufgefordert, am Freitag mittag meinem Land beizustehen. Er blickte
dabei sehr ernst und traurig. Es stand wohl eine
Entscheidungsschlacht bevor. Ich wollte aber das schöne Wetter
nutzen und bin an einen See gefahren. Es war angenehm einsam dort,
nicht einmal Bienen summten.
Als ich in die Stadt zurückfuhr, ahnte ich, was ich
Deutschland angetan hatte. Überall traurige und müde
Gesichter, selbst die Fähnchen hingen trostlos aus Fenstern
und an Autos. Auf dem Kurfürstendamm hingegen ein Triumphzug
serbischer Flaggen. Deutschland war wohl besetzt worden,
während ich sorglos die Beine im Wasser baumeln
ließ.
Das wollte ich nicht – ehrlich! Mit eingezogenem Kopf schlich
ich mich still nach Hause und hoffte, daß in den Nachrichten
noch nicht gemeldet wurde, wer für den Dolchstoß in den
Rücken der Nation verantwortlich war.
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