07.05.2010 / Feminismus / Seite 15
Am Rande
taz-Sexismus
Ein zweiseitiges Interview mit der Linke-Politikerin Sahra
Wagenknecht hat die Berliner tageszeitung zum 1. Mai
veröffentlicht. Überschrift: »Das
Äußerliche spielt eine Rolle, ja«. Aha, denkt
Frau, die Wagenknecht zerbricht sich also täglich stundenlang
den Kopf über ihre Garderobe und über
Lippenstiftfarben.
Dabei hat der dazugehörige Text nichts mit Modefragen zu tun.
Etwas tumbe Frage der Interviewer: »Kennen Sie nicht diese
Sprüche: Das ist ’ne Kluge, und schöne Beine hat
sie auch?« Antwort: » (...) In den Medien spielt das
Äußere eine Rolle, ja. Gerade bei Frauen. Über
einen Mann mit Vollbart würde niemand schreiben, daß der
Marx nachmacht.« Gut beobachtet und leidvoll selbst erfahren,
denn in den 90er Jahren outeten bürgerliche Medien und
PDS-Realos wie Lothar Bisky sich regelmäßig als geistige
Gartenzwerge, indem sie behaupteten, Wagenknecht imitiere
frisurmäßig Rosa Luxemburg, manch einer habe sie sogar
schon hinken gesehen.
Die taz knüpft daran anno 2010 nahtlos an, indem sie, nachdem
die Politikerin ungefähr 20 Beispiele für Ansichten
aufgezählt hat, die sie inzwischen revidiert habe, fragt:
»Ihnen ist also nie ein Licht aufgegangen?«. Soll wohl
heißen: Warum haben Sie sich denn immer noch nicht vom Ziel
einer sozialistischen Gesellschaft und dem er Entmachtung des
Kapitals verabschiedet? (jf)
https://www.jungewelt.de/artikel/144018.am-rande.html