03.04.2010 / Geschichte / Seite 15
Anno ... 14. Woche
1935, 11. April: Es finden letztmals
»Vertrauensrätewahlen« in den größeren
Betrieben Nazideutschlands statt. Die
»Vertrauensräte« sind 1934 anstelle der
zerschlagenen Betriebsräte institutionalisiert worden.
Kandidaten werden vom »Betriebsführer« und von
NS-Funktionären ernannt. Die »Wahlen« sind
für die Faschisten ein Debakel, ihre Propaganda macht dennoch
einen Erfolg daraus. Hier und da können die Nazilügen
aufgedeckt werden: DKW-Auto-Union in Berlin-Spandau: zirka 2 400
Beschäftigte, zirka 700 ungültige Stimmen, zirka 400
Nein-Stimmen; Firma Kreiselgeräte in Berlin-Zehlendorf: zirka
500 Beschäftigte, zirka 160 ungültige Stimmen, zirka 60
Nein-Stimmen.
1940, 9. April: Trotz eines Nichtangriffpaktes wird Dänemark
von der Hitlerwehrmacht überfallen. Die Regierung des
Sozialdemokraten Thorvald Stauning entscheidet sich gegen jeden
Widerstand und kapituliert am selben Tag. Das Land wird besetzt und
hauptsächlich als Verpflegungsbasis der Wehrmacht für
weitere Kriege ausgeplündert.
1945, 6./7. April: Die »Kremser Hasenjagd« in
Niederösterreich. Die Rote Armee steht schon vor den Toren
Wiens, und die Lebensmittel in der Strafanstalt Stein bei der Stadt
Krems in Niederösterreich werden knapp. Da entschließt
sich deren Leiter Franz Kodré, die politischen Gefangenen zu
entlassen und das Gefängnis zu räumen. Am Morgen des 6.
April 1945 verlassen so Hunderte Häftlinge die Anstalt. Schon
kurz nach der Entlassung der Männer diffamieren fanatische
Parteigänger unter den Aufsehern die Entlassung als Rebellion.
Daraufhin dringen SS und SA in das Gefängnis ein und richten
unter den noch verbliebenen Häftlingen ein Blutbad an. Der
Anstaltsdirektor und für die Entlassung maßgeblich
Verantwortliche werden hingerichtet. Dann erteilt NSDAP-Kreisleiter
Anton Wilthum den Befehl, alle bereits auf freiem Fuß
befindlichen Häftlinge zu verfolgen. Es beginnt eine
Treibjagd. Als wären es Hasen, hetzen SS, SA, Wehrmacht,
Volkssturm, HJ und Schüler der NAPOLA die ehemaligen
Häftlinge durch die Weinberge. Am 6. und 7.4. werden
mindestens 386 Menschen ermordet.
1945, 11. April: Bevor die US-amerikanischen Truppen am 13. April
im KZ Buchenwald ankommen, haben sich die Häftlinge durch die
Aktion bewaffneter Gruppen der illegalen Widerstandsorganisation im
Lager gegen die SS-Wachen durchgesetzt und befreit. Zuvor hatte die
SS vom 7.–10.4. noch versucht, das Lager zu evakuieren. Durch
die Verzögerungstaktik der illegalen Lagerleitung konnte die
Räumung des Lagers aber weitgehend verhindert werden. Statt
dessen wird am 11. April die fliehende SS mit zum Teil selbst
hergestellten Waffen verfolgt; 120 Gefangene werden gemacht. Um
15.15 Uhr erleben rund 21000 Häftlinge die Befreiung des KZ.
https://www.jungewelt.de/artikel/142277.anno-14-woche.html