29.03.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
»Neuer Start« für die Abrüstung
Der russische Präsident Dmitri Medwedew und sein
US-Kollege Barack Obama haben sich am Freitag nach monatelangen
Verhandlungen auf ein neues Abrüstungsabkommen geeinigt. Die
Friedensorganisation IPPNW (Internationale Ärzte für die
Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer
Verantwortung) erklärte dazu am Samstag:
Die IPPNW begrüßt den erfolgreichen – wenn auch
reichlich verspäteten – Abschluß des neuen
START-Vertrages zwischen Rußland und den USA als einen
wichtigen ersten Schritt. »Mit diesem Abkommen haben die
Präsidenten Obama und Medwedew die jahrelange Blockade
überwunden. Die Vision einer friedlichen Welt ohne Atomwaffen
kann nur gelingen auf der Grundlage von gegenseitigem Vertrauen,
Abrüstung und internationaler Zusammenarbeit. Dieser Weg
muß jetzt fortgeführt werden«, erklärt die
IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claussen. Laut Vertrag sollen die
strategischen Atomwaffen der beiden Länder um ca. ein Drittel
reduziert werden. Das bedeutet, daß die Zahl der
Atomsprengköpfe auf strategischen Trägersystemen
innerhalb von sieben Jahren auf 1550 Stück reduziert werden.
Das sind ein Drittel weniger als im letzten SORT-Vertrag von 2002
vorgesehen (SORT=Strategic Offensive Reductions Treaty).
»Nach der Unterzeichnung in Prag am 8. April beginnt die
harte Arbeit der Ratifizierung«, sagt Xanthe Hall,
Abrüstungsexpertin der IPPNW. »In beiden Ländern
bleiben die Fragen der Raketenabwehr sowie die Modernisierung der
Arsenale nach wie vor Thema.« Auch wenn das Weiße Haus
behauptet, der Vertrag würde die Raketenabwehr und die
Modernisierung der Arsenale in keiner Weise berühren,
schätzt Hall die tatsächliche Situation anders ein:
»Rußland wird der geplanten stufenweisen Stationierung
einer mobilen US-Raketenabwehr in Europa nicht tatenlos zuschauen
und die Republikaner im US-Kongreß halten sich nach wie vor
die Option offen, unter dem Deckmantel der Modernisierung neue
Atomwaffen zu entwickeln. Das könnte eine Ratifizierung
gefährden.«
Hall sieht in dem Abschluß des neuen Vertrags jedoch ein
wichtiges Zeichen für die Abrüstung, das sich auf die
Überprüfungskonferenz in New York im Mai positiv
auswirken wird. Wichtig sei jetzt eine Änderung der
US-Atomwaffendoktrin, die bereits überfällig ist.
»Um in New York einen Erfolg zu erzielen, muß die Rolle
der Atomwaffen innerhalb der US-Militärstrategie deutlich
vermindert werden«, sagt Hall. Die bisher bestehende Doktrin
der Bush-Administration erlaubt den »präventiven«
Ersteinsatz von Atomwaffen, auch gegen atomwaffenfreie Staaten.
https://www.jungewelt.de/artikel/142041.neuer-start-für-die-abrüstung.html