20.03.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
Reaktionen: »Damit ist kein Staat zu machen«
Die Zeitungen der WAZ-Gruppe reagierten am Freitag auf den Entwurf
des Parteiprogramms der Linken: »Eine Partei ohne Programm
– so steht die Linke im Bund bislang da. Jetzt, da Details
eines Programm-Entwurfs bekannt werden, zeichnet sich ab: Die
Linkspartei positioniert sich vor allem als Anti-Partei. Faktisch
bauen die Linken, die am Samstag nach zweieinhalbjähriger
Arbeit ihren Entwurf offiziell vorstellen wollen, noch höhere
politische Hürden für Koalitionen auf, als bislang schon
bestehen. Privatisierungen, Jobabbau und Einschränkung von
Sozialleistungen – all dies will die Linke nicht
mittragen. Man fragt sich allerdings, wie die Partei dies mit ihren
Regierungsbeteiligungen in Berlin und Brandenburg überein
bringt. (…) Für NRW bedeutet der Programmentwurf, so
wie er sich abzeichnet, daß eine Regierungsbeteiligung der
Linken noch unwahrscheinlicher geworden ist. Mit diesem Programm
ist kein Staat zu machen.«
Spiegel online mokiert sich über »Klassenkampf-Rhetorik
auf 42 Seiten«, und auch der Trierer Volksfreund warnt, die
»Linke will den Kapitalismus abschaffen«. Im
Handelsblatt arbeiten sich SPD und Grüne an ihren Konkurrenten
ab. »Der Programmentwurf bestätigt meine
Einschätzung, daß die Linke keine Verantwortung
übernehmen will – gerade in Nordrhein-Westfalen
nicht«, wahlkämpft die Spitzenkandidatin der
NRW-Grünen, Sylvia Löhrmann. »Das scheint ein
Programm voller wilder Worte und unerwachsener
Verstaatlichungsforderungen zu werden«, orakelt der
SPD-Vizevorsitzende Olaf Scholz. »Die lange Zeit, die der
Entwurf eines Grundsatzprogramms der Partei Die Linke gebraucht
hat, hat offenbar nicht zu größerer politischer Reife
beigetragen.« Der wirtschaftspolitische Sprecher der
SPD-Fraktion im Bundestag, Garrelt Duin, nennt den Entwurf
»komplett gaga«. Wer von Verstaatlichung rede und
Privatisierungen strikt ablehne, zeige, daß er nichts mit der
Realität gemein habe.
Der designierte Linke-Vorsitzende Klaus Ernst reagiert auf die
SPD-Schelte souverän. In der Hannoverschen Allgemeinen
(Freitagausgabe) begrüßt der Gewerkschafter die
teilweise Abwendung der Sozialdemokraten von Hartz IV als
»ersten Schritt«. (...) Die Sozialdemokraten sollten
auf dem Weg der Umkehr aber nicht stehenbleiben. Wenn die SPD im
Bund wieder regierungsfähig werden wolle, dann müsse sie
etliche Schritte auf die Linkspartei zugehen. »Sie
müssen selbst wissen, ob sie auf Dauer Juniorpartner der
Konservativen sein wollen oder ob die wieder Politik gestalten
wollen«, wird Ernst zitiert. Es sei ja schon anerkennenswert,
daß die SPD das Land nur indirekt am Irak-Krieg beteiligt
habe. Aus Afghanistan müsse sich die Bundeswehr sofort, noch
in diesem Jahr, zurückziehen.
(jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/141491.reaktionen-damit-ist-kein-staat-zu-machen.html