03.03.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
Verfassungswidrig
Erklärung des Gerichts:
»Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen
§§113a, 113b TKG (Telekommunikationsgesetz) und gegen
§100g StPO (Strafprozeßordnung), soweit dieser die
Erhebung von nach §113a TKG gespeicherten Daten
zuläßt. Eingeführt wurden die Vorschriften durch
das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung
vom 21. Dezember 2007.
(...)
Die angegriffenen Vorschriften verstehen sich als Umsetzung der
Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates über die Vorratsdatenspeicherung aus dem Jahre 2006.
Nach dieser Richtlinie sind Anbieter von Telekommunikationsdiensten
dazu zu verpflichten, die in § 113a TKG erfaßten Daten
für mindestens sechs Monate und höchstens zwei Jahre zu
speichern und für die Verfolgung von schweren Straftaten
bereitzuhalten.
(...)
Die Beschwerdeführer sehen durch die Vorratsdatenspeicherung
vor allem das Telekommunikationsgeheimnis und das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung verletzt. Sie halten die
anlaßlose Speicherung aller Telekommunikationsverbindungen
für unverhältnismäßig.
(...)
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden,
daß die Regelungen des TKG und der StPO über die
Vorratsdatenspeicherung mit Art. 10 Abs. 1 GG nicht vereinbar sind.
Zwar ist eine Speicherungspflicht in dem vorgesehenen Umfang nicht
von vornherein schlechthin verfassungswidrig. Es fehlt aber an
einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
entsprechenden Ausgestaltung. Die angegriffenen Vorschriften
gewährleisten weder eine hinreichende Datensicherheit noch
eine hinreichende Begrenzung der Verwendungszwecke der Daten. Auch
genügen sie nicht in jeder Hinsicht den verfassungsrechtlichen
Transparenz- und Rechtsschutzanforderungen. Die Regelung ist damit
insgesamt verfassungswidrig und nichtig.«
https://www.jungewelt.de/artikel/140450.verfassungswidrig.html