Beobachter der sogenannten Chilcot-Anhörung, der dritten
Untersuchung in Großbritannien über den Irak-Krieg, sind
sich uneinig, ob etwas anderes herauskommen kann, als ein
Freispruch der Regierung. Die meisten Sitzungen sind zwar
öffentlich und werden live von der BBC übertragen, zudem
werden viele unterschiedliche Zeugen gehört und Informationen
zusammengetragen. Der Vorsitzende Sir John Chilcot hat zugesagt,
nichts zu verdecken und jeden zu kritisieren, dem es gebührt.
Doch Kritiker weisen darauf hin, daß dem Ausschuß kein
Gegner des Irak-Krieges oder andere regierungskritische Sektoren
der britischen Gesellschaft angehörten, nicht einmal Vertreter
des Militärs seien einbezogen worden. Alle fünf
Mitglieder gehören vielmehr dem politischen Establishment an.
Als zentralen Fehler der Untersuchung bezeichnet Lindsey German von
der »Stop the war coalition« die Tatsache, daß es
sich nicht um eine strafrechtliche Untersuchung, sondern lediglich
um eine »öffentliche Anhörung« handelt. Der
Meinung ist auch der irakische Anwalt Sabah Al-Mukhtar von der
Arabischen Anwaltsvereinigung, der zudem einen Zusammenhang
zwischen der Anhörung und den nächsten Wahlen in
Großbritannien herstellt.
Auf die Frage, wie viele Tote die Irak-Invasion gekostet habe,
hatte der damalige US-General Tommy Franks geantwortet: »Wir
zählen keine Leichen« (We don’t do Body Count).
Seit dem Beginn des Krieges am 20. März 2003 werten
Friedensaktivisten und Wissenschaftler systematisch Medien- und
Augenzeugenberichte, Berichte von Militärs, Politikern und
Hilfsorganisationen aus und veröffentlichen ihre Ergebnisse
auf der Internetseite
www.iraqbodycount.org. Die Zahl
der zivilen Toten liegt demnach bis heute zwischen 95158 und
103189. Das ist äußerst konservativ geschätzt, sind
doch »nur« diejenigen erfaßt, die in Nachrichten
erwähnt werden. Andere Schätzungen gehen von mittlerweile
mehr als 1,5 Millionen Toten infolge von Krieg, Sanktionen und
Besatzung aus.
(kl)