20.01.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
Katastrophenhilfe: Militär und Milliarden
Die Vereinten Nationen beabsichtigen, ihre militärische
Präsenz in Haiti weiter zu verstärken. Der
UN-Sicherheitsrat wollte noch am Dienstag die Aufhebung der
bisherigen Obergrenze für die Blauhelmtruppen in dem Land
beschließen, teilte der stellvertretende US-Botschafter bei
der UNO, Alejandro Wolff, mit. Die UN-Mission in Haiti habe weitere
2000 Soldaten und 1500 Polizisten angefordert, um die Hilfskonvois
und die Verteilung der Güter zu sichern, erklärten
UN-Diplomaten.
Auch die USA fliegen zusätzliche Truppen in das
Katastrophengebiet, ihre Zahl sollte nach Angaben eines
Militärsprechers zunächst auf 12000 steigen. Die
Dominikanische Republik hat ein 800 Mann starkes Bataillon
angeboten, das ab Ende der Woche die Straße von
Port-au-Prince zur dominikanischen Grenze sichern könnte, der
einzigen Landverbindung, die Haiti ins Ausland hat. Der
französische UN-Botschafter Gerard Araud erklärte, auch
die Europäische Union sei bereit, Polizisten zu
entsenden.
Entgegen früherer Ankündigungen hat die US-Luftwaffe nun
doch begonnen, Hilfsgüter aus der Luft abzuwerfen. Insgesamt
habe es sich um 14500 Fertigmahlzeiten und 15000 Liter Wasser
gehandelt, die in ein »gesichertes Gebiet«
nordöstlich der Hauptstadt Port-au-Prince niedergingen,
erklärte eine Sprecherin. Es werde derzeit geprüft, ob
sich diese Methode auch für den Rest des Landes eigne. Erst
vor wenigen Tagen hatte US-Verteidigungsminister Robert Gates noch
geäußert, daß solche Aktionen kurz nach einer
Katastrophe nicht sinnvoll seien, weil sie die Gefahr von Unruhen
erhöhten, wenn es keine geordneten Strukturen für die
Verteilung gebe.
Die haitianische Regierung rechnet nach Angaben der EU-Kommission
mittlerweile mit 200000 Todesopfern. Der Präsident der
Dominikanischen Republik, Leonel Fernández, schätzt die
Kosten für die Unterstützung der Überlebenden und
den Wiederaufbau Haitis auf zehn Milliarden Dollar in den
nächsten fünf Jahren. (apn/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/138103.katastrophenhilfe-militär-und-milliarden.html