19.12.2009 / Aktion / Seite 16
Web-Bolschewismus
Dietmar Koschmieder
Die Betreiber der deutschen großen Printhäuser fluchen:
Der Kulturbolschewismus beherrscht die Szene, zumindest im
Internet. So hat sich diese Woche Springer-Vorstand Mathias
Döpfner in scharfer Form gegen die Forderung gewandt, nur
Gratisinhalte im Internet anzubieten. Dies seien »abstruse
Phantasien von spätideologisch verirrten
Webkommunisten«. Daß journalistische Angebote online
fast ausschließlich kostenlos verbreitet werden, hält
Döpfner für verfehlt, wird mitgeteilt: »Diesen
Unsinn haben leider mehr als ein Jahrzehnt alle Verlage der Welt
betrieben. Wir waren nicht groß genug, um diesen Wahnsinn
allein zu stoppen«, klagt Döpfner im Gespräch mit
dem manager magazin.
Alle Verlage der Welt? Der Verlag 8. Mai GmbH ist einer der ersten,
der seine Tageszeitung junge Welt online gestellt hat und
über Inhalte Überschüsse erwirtschaftet. Auch
für unsere Leserinnen und Leser hat das viele Vorteile: So
haben nicht wenige von der Existenz dieser Zeitung erst durch ihre
Recherchen im Internet erfahren. Unsere Printabonnenten können
sich einen ersten Überblick verschaffen, bevor die gedruckte
Ausgabe im Briefkasten liegt. Für Internet- wie für
Printleser stellt unsere Netzausgabe weitere
Nutzungsmöglichkeiten zur Verfügung, die Sie über
ein Online-Probeabo bis zum 31. Dezember testen können. Wir
erhoffen uns von dieser Aktion, daß auch Sie erkennen,
daß ein jW-Internetabo eine sinnvolle Ergänzung zum
Printabo (oder Kioskkauf) darstellt.
Warum sind aber ausgerechnet Webkommunisten diejenigen, die den
bereitgestellten Inhalt nicht gratis anbieten? Ganz einfach
deshalb, weil durch unsere Arbeit Kosten entstehen, die bezahlt
werden müssen. Ansonsten verbietet man über simple Markt-
und Wirtschaftsgesetze das weitere Erscheinen der jW. Und wenn
diese Kosten nicht jene übernehmen, die die junge Welt
nutzen, wird das auch kein anderer tun. Deshalb bitten wir alle,
egal ob sie die jW digital oder gedruckt lesen, um ein Abonnement.
Warum gelingt es aber Döpfners Springer-Konzern trotz
überragender Marktstellung nicht, im Internet mit Inhalt
Überschüsse zu erwirtschaften? Weil ähnlicher
Krempel im Netz zuhauf kostenlos angeboten wird. Kennt Döpfner
simple Marktgesetze nicht mehr?
Wenn wir den Kommunismus endlich haben, dann wird es die junge
Welt gratis geben. Im Moment sind wir eben nicht groß
genug, den Marktwahnsinn zu stoppen.
https://www.jungewelt.de/artikel/136539.web-bolschewismus.html