Bevor Florian Henkel von Donnersmarck seinen Oscar-prämierten
Film »Das Leben der Anderen« drehte, unterhielt er sich
mit Wolfgang Schmidt, der zuletzt Leiter der Auswertungs- und
Kontrollgruppe der Hauptabteilung XX des MfS gewesen war. Als
Schmidt dann die Premiere erlebte, merkte er, daß er mal
wieder benutzt worden war – als Alibi. Doch Schmidt glaubt
unverändert, daß der Mensch gut sei. Jeder. Nur die
Umstände deformieren ihn. Im Interview mit der jungen Welt
übte er mit dem Regisseur Nachsicht. Er kann einfach nicht
richtig böse sein. Besonders albern fand er die
Donnersmarcksche Darstellung des Einsatzes von Prostituierten durch
die Staatssicherheit, denn »die Sexualmoral im MfS war
spießig. Wer fremd ging und es wurde bekannt, erhielt ein
hochnotpeinliches Parteiverfahren. Wer sich auf intime Beziehungen
mit einem IM einließ, wurde in aller Regel sogar aus dem MfS
entfernt.« Unsinn auch: »Ein Mitarbeiter wird, weil er
in der Kantine einen politischen Witz erzählt, strafversetzt
in die Abteilung M, um Briefe ›aufzudampfen‹. Wenn
dies so gewesen wäre, hätte das ganze MfS dort
gearbeitet.«
1992 gründete Schmidt mit anderen das »Insiderkomitee
zur Förderung der kritischen Aneignung der Geschichte des MfS
«. Schmidt betreut seither die Homepage des Vereins
(
www.mfs-insider.de), auf die
inzwischen an die zweihunderttausend Interessenten im Jahr
zugreifen. Folgerichtig wird er regelmäßig von alten und
neuen Gegnern mit Klagen überzogen. Mit der Justiz soll das
erreicht werden, was man anders nicht vermag. Am heutigen Samstag
wird er 70 Jahre alt. (jW)