01.10.2009 / Schwerpunkt / Seite 3
Die EU-Währungsunion kommt Irland teuer zu stehen
People’s Movement, eine Organisation der linken Gegner des
Lissabon-Vertrages, veröffentlichte im Rahmen der Kampagne
für ein Nein das Papier »Lissabon und die
Wirtschaft«. Wir dokumentieren einen Auszug:
Für Irland und andere Länder der Peripherie war die
Wirtschaftskrise besonders hart. 1979 brach Irland mit dem
englischen Pfund. Bis 2001, als wir der Wirtschafts- und
Währungsunion der EU beitraten, genoß die irische
Währung Flexibilität innerhalb des
Wechselkursmechanismus. Diese Flexibilität erlaubte uns, den
Finanzkrisen von 1986 und 1993 wirkungsvoll durch Abwertung unserer
Währung um zehn Prozent zu begegnen. Viele Ökonomen
verbinden mit dieser Maßnahme den Anfangsschub für den
»Keltischen Tiger«.
Mit der Übernahme des Euro übergaben wir die Kontrolle
der Zinssätze an die Europäische Zentralbank (EZB) in
Frankfurt in dem naiven Glauben, daß sie Sätze festlegen
würde (oder könne), die für alle Ökonomien in
der 16-Mitglieder-Eurozone passen würden. Bei einer
Gesamtbevölkerung von 325 Millionen Menschen wird die Eurozone
von den größten Ländern Kontinentaleuropas
dominiert, Deutschland und Frankreich, die eine Bevölkerung
von 82 Millionen Menschen bzw. 65 Millionen haben. Laut der
Aufstellung des Internationalem Währungsfonds von 2008 liegen
Deutschland und Frankreich nach Größe des
jährlichen Bruttoinlandsprodukts an vierter und fünfter
Stelle in der Welt. Zusammen betrug es in beiden Ländern
umgerechnet 6,533 Billionen US-Dollar, das Irlands 270 Milliarden
US-Dollar.
Nach der »Dot.com-Blase« von 1995 bis 2001 lernten wir
die harte Politik der EZB kennen, mit der sie die Interessen der
ökonomischen Schwergewichte durchsetzte. (…) Wenn der
Lissabon-Vertrag in Kraft tritt, sieht er enorme Befugnisse der EZB
für ein Diktat in der Wirtschafts- und Finanzpolitik vor.
(…) Zur Zementierung des ungleichen Gewichts kleinerer
Staaten gegenüber Frankreich und Deutschland heißt es:
»die Stimmen im Gouverneursrat werden entsprechend den
Anteilen der nationalen Zentralbanken im Einlagenkapital der EZB
gewichtet«.
https://www.jungewelt.de/artikel/132367.die-eu-währungsunion-kommt-irland-teuer-zu-stehen.html