11.09.2009 / Schwerpunkt / Seite 3
Fälschung: Wahlfarce in Afghanistan
Gut drei Wochen nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan
hat die von den UN unterstützte Beschwerdekommission
zahlreiche Resultate für ungültig erklärt. Betroffen
sind 83 Wahllokale in Hochburgen von Amtsinhaber Hamid Karsai, wie
die Kommission am Donnerstag bekanntgab.
Internationale Beobachter bestätigen erhebliche
Manipulationen. »Wir müssen leider von einem
großflächigen Betrug sprechen«, sagte der Direktor
des Deutschen Orient-Instituts, Gunter Mulack, am Donnerstag in
Berlin. Er hatte gemeinsam mit anderen die Abstimmung in
Afghanistan verfolgt. Vor allem in Gebieten, die für
Beobachter aus Sicherheitsgründen am Tag der Wahl nicht
erreichbar waren, sei es zu »zahlreichen
Irregularitäten« gekommen. So seien Wahlurnen teils
bereits am Morgen voll gewesen oder seien im Laufe des Tages
stundenlang verschwunden. Auch Urnen, in denen genau 200 oder 400
Wahlzettel waren, würden als auffällig gewertet. Mulack
erklärte schließlich, es sei falsch, einen
»deutschen Maßstab« bei der Wahl in Afghanistan
anzusetzen. »Bei Wahlen in der dritten Welt wird
betrogen«, das sei »normal«. Solange der Betrug
bei rund fünf Prozent liege, sei das »hinnehmbar«,
übersteige er jedoch die Zehnprozentmarke, stelle es die Wahl
in Frage. Wer die Zahlen festgelegt hat und warum afghanische
Wähler im Gegensatz zu deutschen ein bißchen betrogen
werden dürfen, blieb unklar. (AFP/ddp/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/131274.fälschung-wahlfarce-in-afghanistan.html