Die Botschaften der Kornkreise werden deutlicher: Diese Zeitung
verdankt ihre wundersame Langlebigkeit schon längst nicht mehr
allein ihren Leserinnen und Lesern, dem inhaltlichen Profil und
einem entbehrungsreichen Überlebenskampf.
Was wirklich dahintersteckt, haben einige Netzaktivisten ermittelt,
welche für die Aufdeckung von Verschwörungen
hochkompetent sind. Es ist nicht so profan, wie Sie vielleicht
meinen: Weder der Iran noch die Chinesen speisen uns aus dunklen
Quellen, nicht Stasiseilschaften und nicht die Linkspartei. Auch
Nordkorea bäckt jetzt für die junge Welt nicht kleinere
Bomben.
Als willfährige »Steigbügelhalter der NWO«
(neue Weltordnung) übermitteln wir unsere Lohnlisten gleich an
deren Drahtzieher, konnten wir aus E-Mails erfahren, die voller Wut
getippt worden waren. »Wahrheitssuchende« würden
kein rechts oder links kennen. Ende, aus, vorbei, das war’s,
tschüs,
junge Welt! Sogar Leute, die noch gar kein Abo
haben, wollen endlich kündigen. In Rage gebracht hat die
Fangemeinde einiger »alternativer« Nachrichtenblogs ein
Beitrag von Henning Böke (
siehe jW vom
25.8.), in dem er beschreibt, wie Esoteriker und rechte
Verschwörungstheoretiker in »sozialen Netzwerken«
ihr Unwesen treiben. Infoglaubenskrieger können nicht gut
einstecken. Neben Gezeter gab es auch sachliche Einwände. Zu
vieles würde über einen Kamm geschoren, die Foren
wären schließlich auch ein Platz für vom Mainstream
unterdrückte Informationen.
Allerdings steht manch »alternative
Nachrichtenplattform« dem Mainstream sehr nahe. Es kommt
nicht von ungefähr, daß in der Unterhaltungsindustrie
Irrationales zunimmt, von Geisterjägern bis Parapsychologen.
Wo alles in einer trüben Suppe zusammengerührt wird,
fischen auch Antisemiten, Nazis oder »Querfrontler«,
die auch als Rechtsaußen noch links blinken. Esoterik und
Irrationalismus machen die Birne weich auch für rechte
Wahnideen. Nicht zuletzt geht es ganz trivial um den Reibach mit
obskuren Pamphleten, mit Gold oder Wunderpillen.
Die
junge Welt polarisiert. Sie verkündet keine
alleinseligmachende Wahrheit oder Linie. In einer breit
gefächerten Linken kann sie nicht »Everybodys
darling« sein. Sie stößt Diskussionen an. Dabei
bürstet sie gegen den Strich und stellt die
»Wahrheiten« der großen
Bewußtseinsproduzenten auf den Prüfstand. Die
junge
Welt bezieht ihr »Geheimwissen« aus einer
rationalen, materialistischen Weltanschauung. Und trotz unserer
mächtigen neuen Hintermänner halten wir für
Erwählte immer noch ein paar
Abos bereit.