Eine »Hexenjagd« werde es nach dem am Vormittag des 17.
August 1956 vom Karlsruher Bundesverfassungsgericht
verkündeten Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands
(KPD) nicht geben, hatte Gerhard Schröder (CDU), damals
amtierender Bundesinnenminister, vor der Presse in Bonn
erklärt. In der Tat aber hat es im Verlauf der
Kommunistenverfolgung in der BRD bis 1968 über 200000
staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren gegen Bürger gegeben,
die sich in den Augen der Inquisition kommunistischer Umtriebe
– und das konnte schon das Tragen einer roten Nelke am 1. Mai
sein – verdächtig gemacht hatten. Etwa 10000 Menschen
wurden von den mit dem 1. Strafrechtsänderungsgesetz 1951
installierten Politischen Sonderstrafkammern zu zum Teil recht
langen Haftstrafen verurteilt.
Die »Initiativgruppe zur Rehabilitierung der Opfer des Kalten
Krieges« hat kürzlich in erweiterter Auflage ihre
Dokumentation »Die verdrängte Schuld der Bundesrepublik.
Eine Nachdenkschrift« vorgelegt. Der Band verfolgt die
Stationen der Kommunistenverfolgung, bietet eine Auswahl an
Urteilen der Politischen Sonderstrafkammern und eine Chronik der
bislang vergeblichen Bemühungen, eine offizielle
Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges
herbeizuführen.
Am 12. März 1992 brachte die Abgeordnetengruppe der PDS einen
ersten »Entwurf eines Gesetzes zur Behebung und
Wiedergutmachung von politischen Ungerechtigkeiten in der
Bundesrepublik Deutschland« zur Beratung in den Bundestag
ein. Er wurde, wie alle anderen Anträge zu diesem Thema, in
allen seitdem vergangenen Legislaturperioden von den jeweiligen
Mehrheiten im Bundestag zurückgewiesen. In ganz großer
Koalition lehnten die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und
Bündnis 90/Die Grünen in der jetzt auslaufenden 16.
Legislaturperiode auch den Antrag der Fraktion Die Linke ab,
wenigstens die in der BRD verurteilten Kommunisten zu
rehabilitieren, die, wie Martha Hadinsky, sich im Widerstand gegen
den Faschismus um Deutschland verdient gemacht haben. So, wie es
ursprünglich im Bundesentschädigungsgesetz gestanden hat,
ehe es im Kalten Krieg geändert wurde und Kommunisten von
Entschädigungen ausschloß. Der Gesetzentwurf steht
weiter auf der Liste »unerledigt«. (hd)
Bezug der »Nachdenkschrift« bei »IROKK
– Initiativgruppe für die Rehabilitierung der Opfer des
Kalten Krieges«, Hoffnungsstraße 18, 45127 Essen
(Kosten 4,50 Euro plus Porto)