15.08.2009 / Aktion / Seite 16
Eine selbstbestimmte Tageszeitung
Liebe Leserinnen und Leser,
der heute in unserer Sommerakademie referierte Begriff
beschäftigt die junge Welt tagtäglich. Weniger geht es
dabei um die gern strapazierte Phrase von der
»Unabhängigkeit der Medien«. Erinnert sei an die
unlängst in »Illner intensiv« von der Moderatorin
zur Schau getragene Empörung, als Oskar Lafontaine (Foto) es
wagte, auf die private wie öffentliche Medienmacht einer
Handvoll superreicher Familien zu verweisen. Wir nehmen diesen
Begriff weitaus ernster, beginnend beim Selbstverständnis als
marxistische Zeitung. Das Ziel der freien Entwicklung eines jeden
setzt die Überwindung vielfältiger Abhängigkeiten
voraus. Kritische Analyse, die Veränderung bewirken soll, ist
nur von eigenständigen Positionen aus möglich. Was
übrigens nicht mit journalistischer Beliebigkeit zu
verwechseln ist. Auch darum begleitet jW-Berichterstattung seit
langem solidarisch Unabhängigkeitskämpfe unserer Zeit.
Das schließt Aufklärerisches ein: Wirkliche
Selbstbestimmung wird gut unterschieden von deklarierter, die nur
neue Abhängigkeitsverhältnisse begründen soll. Eine
den Mainstream hinterfragende Leserschaft erwartet dies von uns.
Sie will keine Hofberichterstattung, die eine um sieben Prozent
geschrumpfte Wirtschaft als im Aufschwung befindlich
herbeifabuliert. Sie schätzt es, wenn Bauwerke konkret
historisch betrachtet werden. Oder wenn wir thematisieren, welche
Abhängigkeitsverhältnisse für die Toten an den
EU-Außengrenzen ursächlich sind. Selbstbestimmte
Leserinnen und Leser sind für unsere eigene Unabhängikeit
existentiell, denn nur durch ihre Unterstützung können
wir ohne Rücksichtnahme auf Konzerne, Parteien, Anzeigenkunden
schreiben. Sagen, was ist – nach Rosa Luxemburg die
revolutionärste Tat.
Noch nicht ganz unabhängig sind wir von technischen
Geräten. Sichtbar wurde das zu Wochenbeginn, als nur
zwölf Seiten der Tagesausgabe für Dienstag in Druck gehen
konnten. Ein Server fiel aus, das Reservegerät war defekt,
Mittel dafür nicht vorhanden. Jetzt müssen andere
Vorhaben warten. Oder aber Sie tragen mit Spenden für den
jW-Technikfonds dazu bei, unsere Basis zu stabilisieren. Abos und
Genossenschaftsanteile helfen ebenso. Kein Tag vergeht ohne die
wunderbare Möglichkeit, gemeinsam noch unabhängiger zu
werden. Peter Borak, Verlagsleiter
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