31.07.2009 / Feminismus / Seite 15
Amnesty kritisiert Abtreibungsverbot
Berlin. Ein Jahr nach Inkrafttreten des vollständigen
Abtreibungsverbots in Nicaragua hat Amnesty International (ai) eine
Neuregelung zugunsten von Vergewaltigungsopfern und erkrankten
Schwangeren gefordert. In dem zentralamerikanischen Land ist eine
Abtreibung selbst dann verboten, wenn Leben und die Gesundheit der
Schwangeren gefährdet sind.
Für einen Abbruch drohen in Nicaragua sowohl der Patientin als
auch dem Arzt Gefängnisstrafen zwischen vier und acht Jahren.
Ärzten drohe auch dann eine Haftstrafe, wenn sie bei der
Behandlung von Schwangeren dem Fötus unbeabsichtigt Schaden
zufügten, hieß es in der ai-Erklärung. Die Gefahr,
kriminalisiert zu werden, könne Ärzte davon abhalten,
Schwangeren die notwendige, »oft lebensrettende Hilfe
zukommen zu lassen«, kritisierte Amnesty.
In den Jahren 2005 bis 2007 wurden laut einem am Dienstag
veröffentlichten ai-Bericht 1247 Mädchen in Nicaragua
Opfer von Vergewaltigung oder Inzest, bei 198 von ihnen (16
Prozent) war eine Schwangerschaft die Folge. Von ihnen seien 172
erst zwischen zehn und 14 Jahre alt gewesen. »Junge
Mädchen in Armut zahlen den höchsten Preis für die
Gesetzesänderung«, kritisierte die Organisation, denn
sie müßten im Falle einer Schwangerschaft die Schule
verlassen. Das vollständige Abtreibungsverbot in Nicaragua war
Ende 2006 mit den Stimmen der Liberalen und der heute regierenden
Sandinisten verabschiedet worden.
(AFP/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/128996.amnesty-kritisiert-abtreibungsverbot.html