27.07.2009 / Feuilleton / Seite 12
Offene Türen eingerannt
Der Bestsellerautor Daniel Kehlmann (»Die Vermessung der
Welt«) hat am Samstag in seiner Rede zur Eröffnung der
Salzburger Festspiele traditionelle Theaterinszenierungen gegen
Avantgarde-Regisseure in Schutz genommen. Für Kehlmann ist die
Frage, ob man Schiller in historischen Kostümen oder mit
»den schon altbewährten Zutaten der sogenannten
Aktualisierung« aufführen sollte, zur »am
stärksten mit Ideologie befrachteten Frage überhaupt
geworden«. Die Entscheidung für eine »historisch
akkurate« Inszenierung sei »auf keinen Fall aber ein
von vornherein reaktionäres Unterfangen«. In Zeiten, in
denen niemand mehr Karl Marx lese und kontroverse Diskussionen sich
nur noch um Sport drehten, sei Regietheater »zur letzten
verbliebenen Schrumpfform linker Ideologien
degeneriert«.
(ddp/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/128758.offene-türen-eingerannt.html