24.07.2009 / Schwerpunkt / Seite 3
Reaktionen: Humanistin geehrt
Die in Tübingen lebende israelische
Menschenrechtsanwältin Felicia Langer (79) ist in der
vergangenen Woche mit dem »Verdienstkreuz 1. Klasse des
Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland« ausgezeichnet
worden. Bei der Entgegennahme hat Langer erklärt: »Mein
Einsatz für die entrechteten Palästinenser und für
Frieden mit Gerechtigkeit betont die Universalität der
Menschenrechte. Meine Lehre aus dem Holocaust bedeutet
Menschlichkeit, Mitleid mit den Opfern und Ablehnung von Unrecht.
Ich habe das Leid der Palästinenser und ihre
unerträgliche Lage mit eigenen Augen gesehen und mit ihnen
gelitten.«
Die Juristin Felicia Langer hat in Israel jahrzehntelang
Palästinenser vor Militärgerichten vertreten. Sie
kämpfte gegen Enteignung, Häuserzerstörung,
Deportation und Folter. 1990 schloß sie ihre Kanzlei aus
Protest, weil das Justizsystem Israels zur Farce geworden war, und
übersiedelte nach Deutschland, wo sie Lehraufträge an den
Universitäten in Bremen und Kassel übernahm. Nach wie vor
streitet sie für einen gerechten Frieden im Nahen Osten; sie
will, wie sie sagt, »eine Brücke zwischen Israelis und
Palästinensern bauen«.
Der baden-württembergische Staatssekretär Hubert Wicker
hatte bei der Übergabe des Bundesverdienstkreuzes
erklärt: »Das humanitäre Lebenswerk von Felicia
Langer ist beeindruckend. Sie hat sich in herausragender Weise
für Frieden und Gerechtigkeit sowie für die Wahrung der
Menschenrechte eingesetzt. Ihr jahrzehntelanges Wirken für
Benachteiligte und Unterdrückte verdient großen Respekt
und höchste Anerkennung.«
Die Ehrung und die mit ihr verbundenen Äußerungen haben
Dieter Graumann vom Zentralrat der Juden in Deutschland, die
israelische Zeitung Jerusalem Post sowie rechte proisraelische
Lobbygruppen und bekennende Zionisten in der BRD zur Rage gebracht
(jW berichtete). Die Publizisten Ralph Giordano und Arno Lustiger
forderten Bundespräsident Horst Köhler auf, Langer die
Ehrung rückwirkend abzusprechen, sonst würden sie ihre
eigenen Verdienstorden zurückgeben.
Die Vereinigung »Europäische Juden für einen
gerechten Frieden« (EJJP) dankt dagegen Köhler
ausdrücklich für die Auszeichnung. Felicia Langer habe
»ihr Leben und ihre Stimme denen gewidmet, die kaum
gehört werden: den Palästinensern in den besetzten
Gebieten und in Israel selbst«. Die Geehrte wisse, daß
ein dauerhafter Friede zwischen Israelis und Palästinensern
nur auf Gerechtigkeit basieren könne, und widme sich und ihr
Leben diesem Anliegen. Im Gegensatz zu ihren eifernden
Kritikern.
(rg)
https://www.jungewelt.de/artikel/128631.reaktionen-humanistin-geehrt.html