25.06.2009 / Schwerpunkt / Seite 3
Hintergrund: Brandenburger »Erinnerungskultur«
Das Ausmaß der »gezielten Provokation« der
Brandenburger Landesregierung wird bei einem Blick auf einige unter
dem Dach der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
versammelte Einrichtungen zur Erinnerung an das faschistische
Mordregime deutlich:
– KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen. Das 1936/37 erbaute KZ
vor den Toren der Hauptstadt galt als »modernes, vollkommen
neuzeitliches Konzentrationslager«. Bis zur Befreiung durch
die Rote Armee waren hier 200000 Häftlinge aus nahezu allen
europäischen Ländern inhaftiert. Zehntausende kamen hier
ums Leben.
– Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück in
Fürstenberg. Das 1938 errichtete Lager war das einzige
faschistische Frauen-KZ. Bis zur Befreiung durch die Rote Armee
waren hier schätzungsweise 110000 Frauen, viele davon mit
ihren Kindern, inhaftiert. Hinzu kamen mindestens 20000
männliche Häftlinge und über 1000 Jugendliche. Durch
Hunger, Seuchen, medizinische Experimente, Mord und Giftgas
verloren zwischen 40000 und 50000 Menschen ihr Leben.
– Dokumentationsstelle Zuchthaus Brandenburg-Görden. Das
größte und »modernste« Zuchthaus des Regimes
war von 1940 bis 1945 eine der großen
Hinrichtungsstätten des »Reiches«. Hier wurden vor
allem Todesurteile des »Volksgerichtshofes«
vollstreckt. Über 1700 Gefangene aus Deutschland und vielen
anderen europäischen Ländern wurden hier aus politischen
Gründen hingerichtet. Im Altbau des Brandenburger Zuchthauses
wurden im Rahmen der »Aktion T 4« über 9000 als
»lebensunwert« eingestufte Menschen ermordet. Hier
installierte das Regime die erste stationäre Anlage zu deren
Massenvernichtung. Sie wurden in einer transportablen Anlage im Hof
der Anstalt verbrannt. Die ersten Probevergasungen fanden in
Brandenburg im Januar 1940 statt. Die systematischen Morde begannen
im Juni jenes Jahres.
Zur »Arbeitsgemeinschaft Deutscher
KZ-Gedenkstätten« gehören die Stiftungsdirektoren
und Leiter der KZ-Gedenkstätten Ravensbrück, Neuengamme,
Dachau, Buchenwald und Mittelbau Dora, Sachsenhausen,
Bergen-Belsen, Flossenbürg sowie Vertreter der Berliner
Stiftung Topographie des Terrors und der niedersächsischen
Gedenkstätten.
(hd)
https://www.jungewelt.de/artikel/127045.hintergrund-brandenburger-erinnerungskultur.html