17.06.2009 / Schwerpunkt / Seite 3
BIBB-Studie: Befunde und Empfehlungen
Die Forscher des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB)
rechnen im Zuge der aktuellen Wirtschaftskrise mit einer weiteren
Zuspitzung der Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Sie gehen davon aus,
daß bis zum kommenden Herbst 50000 neue Lehrverträge
weniger als im Vorjahr in Wirtschaft und Verwaltungen abgeschlossen
werden. Zur Kompensation fordert das Institut die kurzfristige
Bereitstellung zusätzlicher vollqualifizierender
außerbetrieblicher Berufsausbildungsstellen. Im Rahmen eines
Bund-Länder-Ausbildungslatz-Programms sollen so 40000 neue
Stellen im Westen geschaffen werden. Aufgrund des demographischen
Schwunds erwarten die Wissenschaftler dagegen im Osten keine
Verschärfung.
Grundsätzlich empfiehlt das BIBB eine deutliche Reduzierung
des Angebots an Übergangsmaßnahmen mit ihrer
umstrittenen Effizienz. Statt dessen bräuchte es mehr
vollwertige Berufsausbildungen in Berufsschulen oder Einrichtungen
von Trägerorganisationen. Ein Weg seien auch Ausbildungen in
Kooperation von Schulen und Betrieben wie etwa in Brandenburg.
Ferner bedürfe es einer »kontinuierlichen individuellen
Begleitung« der Problemfälle an Haupt- und
Förderschulen, die über episodische Beratung und
punktuelle Kontaktaufnahme hinausgehen müsse. Dies gelte vor
allen für sozial benachteiligte Jugendliche.
Langfristig sehen die Wissenschaftler aufgrund der
rückläufigen Schülerzahlen zwar eine quantitative
Entspannung der Lehrstellensituation. Bei einer ausbleibenden
Qualitätsoffensive sei allerdings ein Fachkräftemangel
»vorprogrammiert«. Der sei nur auf dem Wege zu
verringern, »den Anteil der Jugendlichen mit einer
qualifizierten Berufsausbildung zu erhöhen«. Ziel
müsse es vor allem sein, den Bildungserfolg bei den
nichtstudienberechtigten Schulentlassenen zu verbessern. Von einer
verstärkten Akquise von Abiturienten in die Berufsausbildung
rät das Institut ab, »denn Deutschland kann sich auch
keine sinkende Studierquote und Akademikerzahl leisten«.
(rwu)
https://www.jungewelt.de/artikel/126613.bibb-studie-befunde-und-empfehlungen.html