16.06.2009 / Schwerpunkt / Seite 3
Wahlergebnis: EU und USA fordern Überprüfung
Die Europäische Union hat von Iran eine Untersuchung der
Wahlergebnisse gefordert. Zudem brachten die Außenminister
der EU ihre »ernste Sorge über die Gewalt auf den
Straßen und die Gewaltausübung gegenüber
friedlichen Demonstranten« zum Ausdruck.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bestellte gar den
iranischen Botschafter ein. Auch im Außenamt Frankreich
mußte der diplomatische Vertreter Teherans eine Protestnote
abholen.
Die USA erkannten das amtliche iranische Ergebnis über den
Sieg des Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad vorläufig nicht an
und wollen Oppositionsvorwürfen über einen Wahlbetrug
nachgehen. Das Weiße Haus in Washington veröffentlichte
eine Erklärung, in der Präsident Barack Obama »die
lebhafte Diskussion und den Enthusiasmus« lobte, die von der
Wahl vor allem bei jungen Iranern ausgelöst worden seien. Er
zeigte sich aber zugleich besorgt über »Berichte von
Unregelmäßigkeiten«. Weder Ahmadinedschad noch
Mussawi wurden namentlich genannt.
Der US-amerikanische Nahostexperte Flynt Leverett zeigte sich
dagegen im wenig überrascht vom Wahlsieg Ahmadinedschads.
»Ich wäre überrascht gewesen, wenn er verloren
hätte«, sagte er im Interview mit Spiegel online. Der
51jährige Leverett gilt als einer der besten Kenner Irans und
des Nahen Ostens in Washington. Der Direktor der »Geopolitics
of Energy Initiative« der New America Foundation war im
Nationalen Sicherheitsrat, dem US- Außenministerium und beim
CIA jahrelang mit der Region befaßt.»Die westlichen
Medien haben die Begeisterung für seinen wichtigsten
Herausforderer Mihossein Mussawi grob überschätzt«,
kritisiert Leverett. »Sie haben fast gar nicht mitbekommen,
wie eindeutig Ahmadinedschad etwa als Sieger der TV-Debatte im
Wahlkampf angesehen wurde. Bei amerikanischen und westlichen
Politikern gab es viel Wunschdenken – und das hatte leider
auch einen starken Einfluß auf die
Medienberichterstattung.« Die klare Ergebnis spreche
dafür, »daß die Wahl insgesamt regulär
verlaufen ist. Schauen Sie sich die Unregelmäßigkeiten
an, auf die Mussawi hinweist: daß es in einigen Wahlkreisen
keine Wahlzettel mehr gab, daß einige Wahllokale nicht lange
genug geöffnet blieben. All dies kann den Ausgang der Wahl
nicht wirklich ändern. Wenn man das mit den
Unregelmäßigkeiten bei der US-Präsidentschaftswahl
in Florida im Jahr 2000 vergleicht, scheint es kaum
gravierend.« (jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/126591.wahlergebnis-eu-und-usa-fordern-überprüfung.html