Die regelmäßige Lektüre dieser Zeitung kann, aber
muß nicht förderlich für das politische und
logische Denkvermögen sein. Dies beweist seit Jahren eine
kleine, treue Lesergemeinde aus dem Kölner Raum. Denn echte
Fortschritte sind auch im dort gerade veröffentlichten
Verfassungsschutzbericht 2008 nicht festzustellen, wenn es um die
Einschätzung von
junge Welt geht.
Nur so nebenbei: Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts
dürfen Zeitungen nicht in den Berichten des
Verfassungsschutzes aufgeführt werden – und zwar wegen
Einschränkung der Pressefreiheit und
Geschäftsschädigung. Wir wollen da aber nicht kleinlich
sein. Zum einen prahlen wir ja ganz gern mit dem
regelmäßigen »amtlichen Gütesiegel« der
Schnüffelbehörde. Zum anderen ist das
Bundesverfassungsgericht letztlich auch keine Instanz, die einfach
neutral und wertfrei über der Gesellschaft thront.
Den Verfassungsschutz nehmen wir daher schon seit langem in die
eigenen Hände: Konsequent verteidigen wir in dieser Zeitung
die Grund- und Bürgerrechte, stärken den Widerstand gegen
die Aushöhlung des Sozialstaates und damit der Demokratie. Als
konsequente Antikriegszeitung schreiben wir an gegen die neue
verfassungsfeindliche Interventionsrolle der Bundeswehr in aller
Welt.
Das alles hätte im VS-Bericht natürlich aufgeführt
werden können und müssen. Doch die Kölner
fürchten wohl unsere Konkurrenz als Verfassungsschützer
und damit um ihre Jobs. Langfristig liegen sie damit sicher
richtig. Also müssen wieder einmal die alten Textbausteine
herhalten, wie eine »traditionskommunistische
Ausrichtung« und das »Streben nach einer
sozialistischen Gesellschaft« sowie – passend zum
Jubiläumsjahr der Bananenrevolution – die politische und
moralische Rechtfertigung der ehemaligen DDR.
Geradezu putzig ist der Vorwurf, daß die junge Welt Gewalt im
Kampf gegen Kapitalismus und Imperialismus als legitimes Mittel
darstelle. (Immerhin beanspruchen Kapitalismus und Imperialismus
ein Privileg auf die Anwendung legitimer Gewalt.) Als Beleg dient
der (unkommentierte) Abdruck einer Taterklärung zu einem
Farbanschlag. Huuu, wie böse. Aus diesem wird dann ellenlang
zitiert, um dies als Position der jungen Welt wirkenzulassen. Das
ist nicht fair: Schließlich drucken wir so einiges
unkommentiert ab, nicht zuletzt eben auch Auszüge aus dem
Verfassungsschutzbericht. Mit dessen Autoren wollen wir ja auch
nicht in Verbindung gebracht werden …
Die Kosten für das Zeitungsabonnement würden wir als
»freiwillige Revolutionssteuer« bezeichnen, zitieren
die Kölner Experten, frei von rheinländischem Humor, aus
einer Glosse auf dieser Seite. Zu ihrer
Entrichtung
wollen wir auf dieser Seite noch einmal aufrufen. Vorläufig
freiwillig, möchten wir hinzufügen.
Verlag und Redaktion