22.05.2009 / Schwerpunkt / Seite 3
Widerstand. Juristen kritisieren Innenminister
Am 15. und 16. Mai tagte in Bad Honnef die Rechtsberaterkonferenz,
ein Zusammenschluß von auf die rechtliche Vertretung von
Flüchtlingen spezialisierten Rechtsanwältinnen und
Rechtsanwälten, die mit den Wohlfahrtsverbänden und dem
UN-Flüchtlingskommissariat zusammenarbeiten. An der Tagung
nahmen rund 65 Juristinnen und Juristen teil, die klare Worte zur
Abschiebepraxis von Roma in den Kosovo formulierten. Als
»zwingendes Gebot der Humanität« sah man es dort
an, den Flüchtlingen einen sicheren Aufenthalt zu
gewähren. Diese Forderung erfolge nicht zuletzt aus der
besonderen geschichtlichen Verantwortung Deutschlands
gegenüber der Volksgruppe der Roma.
Energisch bezog man in Bad Honnef Stellung gegen die erklärte
Absicht des Bundesinnenministers und mehrerer Landesinnenminister
(darunter Hessen und Niedersachsen), Roma-Flüchtlinge aus dem
Kosovo jetzt zur Rückkehr zu zwingen. Bundesregierung und
Landesregierungen gab man unmißverständlich zu
verstehen: Man erwarte von ihnen, den Betroffenen dieser Minderheit
»statt Deportationsdrohungen endlich Aufenthaltserlaubnisse
zuzustellen«. Humanitäre Mindeststandards hinsichtlich
Wohnen, Bildung und Gesundheitsversorgung seien für die jetzt
noch im Kosovo lebenden Roma nicht gewährleistet, wurde
konstatiert.
Kritisiert hatten die Teilnehmer der Konferenz zudem, daß den
seit 1995 nach Deutschland geflüchteten Roma hier
durchgängig jegliche Integrationshilfe verwehrt worden sei.
Als Geduldete hätten sie weder Sprach- noch
Ausbildungsförderung erhalten. Bis Ende des Jahres 2008 sei
ihnen durch gesetzliche Vorgaben der Zugang zum allgemeinen
Arbeitsmarkt faktisch untersagt worden. (düp)
https://www.jungewelt.de/artikel/125420.widerstand-juristen-kritisieren-innenminister.html