Probleme des Nachwuchses
Als Frank Werneke im Betrieb anfing, war die Welt aus
Gewerkschaftssicht noch in Ordnung. »Für mich war der
Beitritt eine Selbstverständlichkeit«, so der heute
42jährige Funktionär, der im ver.di-Bundesvorstand
für die Jugendarbeit zuständig ist, im Interview mit der
aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Mitbestimmung. Doch die jungen
Beschäftigten von heute sind oftmals nicht mehr derart
politisch vorgeprägt, daß sie quasi von selbst Mitglied
werden. Zudem vermitteln die Gewerkschaften in vielen Betrieben
nicht gerade ein Gefühl von Stärke.
Das stets in diesem Zusammenhang von hauptamtlichen
Funktionären vorgebrachte Argument, daß die
Beschäftigtenorganisationen immer noch mehr jugendliche
Mitglieder haben als sämtliche Parteien und NGOs zusammen,
kaschiert die Situation nur unzureichend. Denn die Gewerkschaften
verlieren auch in diesem Segment, das für die
Zukunftsfähigkeit der Organisationen zweifellos entscheidend
ist. So stellt Dominik Reinle in einem Beitrag für die von der
Hans-Böckler-Stiftung herausgegebene Zeitschrift fest,
daß die Mitgliederquote unter Jugendlichen zwischen 1998 und
2006 im Westen von zehn auf acht Prozent, im Osten von 15 auf
fünf Prozent gesunken ist. Und: »Nicht nur die Anzahl
der jungen Gewerkschaftsmitglieder schrumpft, auch die
Aktivität dieser Mitglieder geht zurück.« Trotz der
zuletzt etwas verbesserten Mitgliedergewinnung bei Jugendlichen
bleibt für ver.di und Co. hier also viel zu tun.(jW)
Mitbestimmung. Das Magazin der Hans-Böckler-Stiftung,
Nr. 4/2009, 74 Seiten. Jahresabo: 50 Euro. www.magazin-mitbestimmung.de
Chance verpaßt
Der »Fall Emmely«, der von Kaiser´s wegen
Einlösung eines angeblich fremden Pfandbons im Wert von 1,30
Euro gefeuerten Kassiererin Barbara E. aus Berlin, hat bundesweit
für Aufsehen gesorgt und die Möglichkeit der
Verdachtskündigung im Einzelhandel problematisiert. Die
Gewerkschaftsspitzen haben es jahrelang versäumt, diese Frage
in der Öffentlichkeit zum Thema zu machen. Und auch im Fall
von »Emmely« ist die Rolle von ver.di offenbar
zumindest ambivalent. So schreiben Willi Hajek und Gregor Zattler
im aktuellen Express, die Gewerkschaften hätten »eine
richtig gute Chance verspielt, eine effektive Zusammenarbeit mit
sozialen Initiativen zu probieren« und »sich nicht an
die Spitze einer Kampagne gestellt, die Arbeitsrechtsprechung
zugunsten der Beschäftigten zu verändern«. (jW)
Express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und
Gewerkschaftsarbeit, Nr. 2/2009, 16 Seiten 3,50 Euro