28.04.2009 / Betrieb & Gewerkschaft / Seite 15

Lesetips

Probleme des Nachwuchses

Als Frank Werneke im Betrieb anfing, war die Welt aus Gewerkschaftssicht noch in Ordnung. »Für mich war der Beitritt eine Selbstverständlichkeit«, so der heute 42jährige Funktionär, der im ver.di-Bundesvorstand für die Jugendarbeit zuständig ist, im Interview mit der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Mitbestimmung. Doch die jungen Beschäftigten von heute sind oftmals nicht mehr derart politisch vorgeprägt, daß sie quasi von selbst Mitglied werden. Zudem vermitteln die Gewerkschaften in vielen Betrieben nicht gerade ein Gefühl von Stärke.
Das stets in diesem Zusammenhang von hauptamtlichen Funktionären vorgebrachte Argument, daß die Beschäftigtenorganisationen immer noch mehr jugendliche Mitglieder haben als sämtliche Parteien und NGOs zusammen, kaschiert die Situation nur unzureichend. Denn die Gewerkschaften verlieren auch in diesem Segment, das für die Zukunftsfähigkeit der Organisationen zweifellos entscheidend ist. So stellt Dominik Reinle in einem Beitrag für die von der Hans-Böckler-Stiftung herausgegebene Zeitschrift fest, daß die Mitgliederquote unter Jugendlichen zwischen 1998 und 2006 im Westen von zehn auf acht Prozent, im Osten von 15 auf fünf Prozent gesunken ist. Und: »Nicht nur die Anzahl der jungen Gewerkschaftsmitglieder schrumpft, auch die Aktivität dieser Mitglieder geht zurück.« Trotz der zuletzt etwas verbesserten Mitgliedergewinnung bei Jugendlichen bleibt für ver.di und Co. hier also viel zu tun.(jW)

Mitbestimmung. Das Magazin der Hans-Böckler-Stiftung, Nr. 4/2009, 74 Seiten. Jahresabo: 50 Euro. www.magazin-mitbestimmung.de

Chance verpaßt

Der »Fall Emmely«, der von Kaiser´s wegen Einlösung eines angeblich fremden Pfandbons im Wert von 1,30 Euro gefeuerten Kassiererin Barbara E. aus Berlin, hat bundesweit für Aufsehen gesorgt und die Möglichkeit der Verdachtskündigung im Einzelhandel problematisiert. Die Gewerkschaftsspitzen haben es jahrelang versäumt, diese Frage in der Öffentlichkeit zum Thema zu machen. Und auch im Fall von »Emmely« ist die Rolle von ver.di offenbar zumindest ambivalent. So schreiben Willi Hajek und Gregor Zattler im aktuellen Express, die Gewerkschaften hätten »eine richtig gute Chance verspielt, eine effektive Zusammenarbeit mit sozialen Initiativen zu probieren« und »sich nicht an die Spitze einer Kampagne gestellt, die Arbeitsrechtsprechung zugunsten der Beschäftigten zu verändern«. (jW)

Express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, Nr. 2/2009, 16 Seiten 3,50 Euro

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