Liebe Leserinnen, liebe Leser,
am Mittwoch setzten sich alle jW-Mitarbeiter, die vor Ort oder in
der Redaktion mit dem NATO-Gipfel und den Protesten gegen das
Militärbündnis befaßt waren, zu einer
Auswertungsrunde zusammen. Unser Fazit lautet kurz
zusammengefaßt: jW ist bei den Demonstranten, den
Camp-Bewohnern und vielen anderen in der Region als
Informationsmedium eine feste Größe. Das spiegelt sich
im Interesse an der Zeitung etwa unter den Teilnehmern des
Friedenszuges aus Duisburg, im Camp und an dem Online-Spezial, das
fünf Tage lang im Internet »live« berichtete,
wider. Vor allem aber in einer Vielzahl von Probe- und
»richtigen« Abonnements. Die Zusammenarbeit zwischen
der Redaktion in Berlin und den Kolleginnen und Kollegen vor Ort
klappte besser als vor zwei Jahren in Heiligendamm bei den
Protesten gegen den G-8-Gipfel. Das gleiche gilt für unser
zusätzliches Angebot im Internet, das laufend ergänzt
wurde – Mängel bei allem eingeschlossen.
Lebhaft diskutiert wurden unsere Erfahrungen mit den polizeilichen
Repressionsmethoden. Der jW-eigene VW-Lieferwagen erfreute sich des
direkten Interesses der Sicherheitsbehörden und wurde mehrfach
ohne Ergebnis durchsucht, zum Abschluß mit vorgehaltener
Maschinenpistole. Presseausweise? Da kann der
deutsche/französische Sicherheitsbeamte nur lachen. Die
Beobachtungen, die wir gemacht haben, besagen: Auf deutscher Seite
regierte die Strategie der totalen Kontrolle, des Erstickens jeder
Form von wirksamem Protest, des Täuschens und Abdrängens
der Demonstrationsteilnehmer. Man interessierte sich nicht für
Versammlungs- oder Pressefreiheit. Auf französischer Seite
führte das behördliche »Spiel«, zunächst
demonstrieren zu lassen, um dann völlig unberechenbar,
unlegitimiert und brutal auf Protestgruppen einzuschlagen, zu den
bekannten Ereignissen. Es bedurfte nicht des im Internet
kursierenden Videos, das Steine werfende französische
Polizisten in Uniform zeigt (
www.dailymotion.com/video/x8vw7c_manif-strasbourg-les-crs-caillassen),
um zu wissen: An den Krawallen waren nicht nur aufgeputschte
Jugendliche, anarchistische Gruppen und Gewaltanbeter
beteiligt.
Eine unserer Schlußfolgerungen lautet: Es ist für die
Friedensbewegung, für alle, die sich für Grundrechte und
Demokratie in diesem Land einsetzen, von größter
Bedeutung, das repressive Vorgehens seit dem Besuch von George W.
Bush in Stralsund 2006 über Heiligendamm 2007 bis zu diesem
gerade erlebten Höhepunkt der Vereitelung
bürgerschaftlichen Engagements. Die Materialsammlung
dafür hat begonnen.