Mehr Mitglieder
Lars Dieckmann von der IG BAU liefert im aktuellen Express einen
interessanten Bericht über eine erfolgreiche Kampagne seiner
Gewerkschaft bei der Charité-Tochter CFM. Dabei waren die
Ausgangsbedingungen für gewerkschaftliche Organisierung bei
der Dienstleistungstochter von Europas größtem Klinikum
nicht die besten: In dem unter SPD und Linke teilprivatisierten
Unternehmen arbeiten zum Beispiel Reinigungskräfte zu
völlig unterschiedlichen Tarifbedingungen: Einigen
Beschäftigten wurden nach Recherchen der IG BAU sogar die
vorgeschriebenen Schutzimpfungen vorenthalten (jW
berichtete).
Der Artikel beschreibt, wie die BAU-Gewerkschaft diese Probleme im
Rahmen einer »Organizing«-Kampagne sowohl im Betrieb
als auch in der Öffentlichkeit zum Thema machte, das
Unternehmen unter Druck setzte und dabei auch neue Mitglieder
organisieren konnte. Dieckmanns Fazit kann dabei durchaus
Allgemeingültigkeit beanspruchen: »In Zeiten, in denen
die vermeintliche Sozialpartnerschaft immer stärker
ausgehöhlt wird, müssen sich die Gewerkschaften
umorientieren. Doch ihre Stärke beziehen sie aus der
Mitgliedschaft: Eine Gewerkschaft ohne aktive Mitglieder mag sich
noch eine Weile als Mitglied in diversen staatlichen Gremien etwas
Mitspracherecht sichern, auf dem politischen Feld besitzt sie
jedoch keine Durchsetzungskraft zur Verbesserung der
Lebensbedingungen mehr.« (jW)
Express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und
Gewerkschaftsarbeit, Nr. 2/2009, 16 Seiten 3,50 Euro
Weniger Naivität
Die aus Gewerkschaftssicht alarmierenden Entwicklungen in der
Europäischen Union bilden den Schwerpunkt der
März-Ausgabe der Mitbestimmung, des Magazins der
Hans-Böckler-Stiftung. Während ver.di-Chef Frank Bsirske
»Chancen einer epochalen Wende« in der EU durch die
Legitimationskrise des Neoliberalismus ausmacht, plädiert
Hans-Jürgen Urban von der IG Metall in seinem Beitrag
zunächst einmal dafür, daß sich die Gewerkschaften
von ihrer naiven Europafreundlichkeit lösen. Ihm zufolge ist
entscheidend, daß die Beschäftigtenorganisationen
»die gegenwärtige Entwicklungsrichtung Europas
ungeschminkt zur Kenntnis nehmen und mehr strategischen Mut
aufbringen, an den macht- und demokratiepolitischen Voraussetzungen
für ein soziales Europa zu arbeiten. Ansonsten dürfte
dieses eine politische Fata Morgana bleiben – und die
Gewerkschaften weiter an Macht verlieren.« (jW)
Mitbestimmung. Das Magazin der Hans-Böckler-Stiftung,
Nr. 3/2009, 74 Seiten. Jahresabo: 50 Euro.
www.magazin-mitbestimmung.de