Gewerkschaften hilflos in der Krise
In einem Beitrag für die Schweizer Zeitschrift Widerspruch
beschäftigt sich der Jenaer Soziologe Klaus Dörre mit dem
Ausbleiben einer adäquaten Reaktion der Gewerkschaften auf die
aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise. Seine Ausgangsthese:
»Angesichts des offenkundigen Versagens marktradikaler
Ideologie müßte eigentlich die Stunde der Gewerkschaften
schlagen, doch die Realität sieht anders aus. Im Konzert um
Maßnahmen zur Stabilisierung des Weltfinanzsystems ist die
Stimme der Arbeit derzeit kaum wahrnehmbar.« Es scheine,
»als würden die gewerkschaftlichen Führungsgruppen
von der aktuellen Dynamik überrollt«. Die Ursachen
dieses Zustandes sucht Dörre in der Erosion gewerkschaftlicher
Macht im Zuge der Entwicklung einer »postdemokratischen
Gesellschaft«. Die Übertragung der
finanzkapitalistischen Wettbewerbslogik auf alle Sektoren der
Gesellschaft übt demnach einen enormen Veränderungsdruck
auf die organisierten Arbeitsbeziehungen aus, durch die die
Gewerkschaftsmacht selbst in ihren Hochburgen in Frage gestellt
wird. Nach dieser Bestandsaufnahme erörtert der Autor,
inwieweit Konzepte des »Organizing« helfen
könnten, die Krise der Gewerkschaften zu überwinden und
eine Demokratisierung sowohl der Beschäftigtenorganisationen
als auch der Gesellschaft insgesamt zu befördern. (jW)
Widerspruch 55. 240 Seiten, 16 Euro.
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