28.02.2009 / Feuilleton / Seite 13
Spree-Diktatur
Der rot-rote Berliner Senat droht dem Bezirk
Friedrichshain-Kreuzberg mit dem Entzug der Zuständigkeit
für die Entwicklung des Spreeufers. Im Sommer vergangenen
Jahres hatte sich die Bevölkerung des betroffenen Bezirks in
dem Bürgerentscheid »Spreeufer für alle!« mit
fast 87 Prozent klar gegen die geplante Bebauung des Areals
ausgesprochen. Daraufhin wurde ein Sonderausschuß aus Bezirk
und Vertretern der Volksinitiative »Mediaspree
versenken!« gebildet, in dem über die Bebauung
verhandelt wird.
Der rot-rote Senat hat jetzt scheinbar die Nase voll von soviel
demokratisch motivierter Bürgerinitiative. Die Landesregierung
habe angedroht, dem Bezirk die Zuständigkeit für die
Stadtplanung in dem Gebiet zu entziehen, falls die Vorgaben des
sogenannten Planwerks Innenstadt nicht umgesetzt werden, teilte die
Grünen-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV)
Friedrichshain-Kreuzberg mit. Bezirksbürgermeister Franz
Schulz (Grüne) sagte, »damit setzt uns der Senat die
Pistole auf die Brust«. Nach dem Motto »friß oder
stirb« müsse der Bezirk nun entscheiden, ob er den
Zielen des Bürgerbegehrens folge oder am Spreeufer in Zukunft
»nichts mehr zu entscheiden habe«. Konkret geht es bei
dem Ultimatum um das Friedrichshainer Ufergelände der Maria an
der Schillingbrücke. Das landeseigene Gelände gehöre
dem Berliner Liegenschaftsfonds (Lifo). Der wolle das Areal
vermarkten und habe daher im vergangenen Herbst einen
Bauvorbescheid beantragt. Der Bezirk hingegen will nach aufgebautem
Druck von »Mediaspree versenken!« auf dem Areal mehr
öffentliche Grünfläche sichern. Den Bauvorbescheid
habe Schulz deshalb zurückgestellt und Verhandlungen mit dem
Lifo begonnen. (ddp/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/121232.spree-diktatur.html