15.10.2008 / Schwerpunkt / Seite 3
Hintergrund: Tbilissi immer näher ran an die NATO
Hintergrund: Tbilissi immer näher ran an die NATO
Der
NATO-Georgien-Ausschuß (NGC) ist am 10. Oktober erstmals auf
Ministerebene zusammengetreten, um über die Unterstützung der
Wiederaufrüstung Tbilissis nach dem Krieg zu beraten. Die Bildung des
NGC hatten die NATO-Verteidigungsminister im September vereinbart. Der
Ausschuß soll regelmäßig tagen und damit auch die immer enger werdende
Verbindung zwischen Georgien und der westlichen Allianz zur Schau
stellen. Vor allem in den USA fordern einflußreiche Stimmen, nicht nur
die volle Kriegsfähigkeit Georgiens wiederherzustellen, sondern
zentrale Sektoren wie die Luftabwehr und die Panzerbekämpfung völlig
neu mit moderner westlicher Technologie auszustatten. Ein großer Teil
der Waffen der georgischen Streitkräfte stammt noch aus der Produktion
der Sowjetunion. Rußland hat, um eine neuerliche georgische Aggression
zu verhüten, ein internationales Waffenembargo vorgeschlagen. Die Idee
ist aber mit Sicherheit chancenlos.
Unterdessen macht sich die
US-Regierung öffentlich dafür stark, Georgien schon auf der nächsten
NATO-Tagung im Dezember einen Membership Action Plan (MAP) anzubieten
und das Land damit auf dem Weg zur Aufnahme in den Pakt eine Stufe nach
oben zu befördern. Ein solcher Schritt war auf der letzten NATO-Tagung
im April nicht konsensfähig. »Ich werde unsere Verbündeten drängen, den
MAP für Georgien und Georgiens Anstrengungen zur Durchsetzung
erforderlicher Reformen« – gemeint ist die Modernisierung seiner
Streitkräfte und deren Anpassung an die NATO-Standards – »zu
unterstützen«, sagte US-Verteidigungsminister Robert Gates am 9.
Oktober. Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel am 2.Oktober bei
einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew in St.
Petersburg erklärt, die Zeit sei »noch nicht reif«, Georgien und der
Ukraine MAPs anzubieten.
Die NATO-Ambitionen beider Länder sind
eng miteinander verbunden. Ein MAP für Georgien würde fast automatisch
auch einen gleichen Schritt für die Ukraine zur Folge haben. Eine große
Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung lehnt jedoch eine
NATO-Mitgliedschaft ab.
(km)
https://www.jungewelt.de/artikel/114064.hintergrund-tbilissi-immer-näher-ran-an-die-nato.html