14.10.2008 / Betrieb & Gewerkschaft / Seite 15

Lesetip

Zeitschraube

Mit einem aktuellen Versuch, bei der General-Motors-Tochter Opel die Leistungsschraube weiter anzuziehen, beschäftigt sich Wolfgang Schaumberg von der Bochumer Gruppe »Gegenwehr ohne Grenzen« (GOG) im aktuellen Express. Zunächst stellt er das etablierte Zeiterfassungssystem MTM (»Methods-Time-Measurement«) vor. Dieses legt fest, wieviel Zeit – gemessen in »Time Measurement Units« (TMU) – für eine bestimmte Tätigkeit aufgewendet werden soll. Eine TMU entspricht dabei 21 Hunderttausendstel Stunden. Mit dieser Maßeinheit wird jede Bewegung auf Sekundenbruchteile genau festgelegt. Für »Hinlangen zum Kippschalter« sind beispielsweise 21 TMU vorgesehen, für »Greifen einfach« drei und für »Loslassen« zwei TMU.

Schaumberg weist in seinem Beitrag nach, daß von einer wissenschaftlichen Ermittlung »objektiver« Zeiten, von der die Macher dieses Systems sprechen, keine Rede sein kann. Die Gewerkschaften haben die Methode zunächst kritisiert. Mit Anerkennung der angeblichen Notwendigkeit von Produktivitätssteigerungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit schwenkte die IG Metall in den 1970er Jahren jedoch um.

Anlaß des Beitrags ist der Versuch des Opel-Managements, mit einer im Eisenacher Werk erprobten, »ILO 100« bzw. »VPM« getauften Methode die Zeiten drastisch zu verkürzen. Damit soll die Produktivität um bis zu 20 Prozent gesteigert werden. Schaumberg kritisiert, daß die IG Metall in Betrieben und Öffentlichkeit keine Aufklärungsarbeit über diesen Vorstoß betreibt. Auch beim Thema »Gute Arbeit«, das die Gewerkschaft seit einigen Jahren im Rahmen einer Kampagne aufgreift, komme diese Frage nicht vor.

(dab)

* Express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, Nr. 9/2008, 16 Seiten 3,50 Euro

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