04.10.2008 / Schwerpunkt / Seite 3
Studie: Auswirkungen auf Hessens Mittelstand
Das hessische
Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung hat bei der
»Hessen Agentur GmbH« (HA) eine Studie herausgegeben, die die
Auswirkungen von Ein-Euro-Jobs auf die mittelständische Wirtschaft
untersucht. Offenbar leidet selbst der Mittelstand unter der
Billigkonkurrenz. In Wiesbaden und Düsseldorf beschweren sich
Second-Hand-Läden mit regulär Beschäftigten über die Sozialkaufhäuser,
die nur Ein-Euro-Jobber beschäftigen. In Köln gerät ein
Gebrauchtmöbellager einer seit Jahrzehnten bestehenden
Selbsthilfeeinrichtung unter Druck, weil in unmittelbarer Nähe ein
großer Träger ein ähnliches Lager eröffnet, das mit 27 Ein-Euro-Kräften
noch billiger ist, etc.
Die HA kommt in ihrer Studie dennoch
zum vom Ministerium erwünschten Ergebnis: Die Verdrängung von regulär
Beschäftigten und damit auch die potentiell negativen Auswirkungen für
den hessischen Mittelstand seien als gering einzuschätzen, heißt es
etwa. Nach dem Nutzen für die Teilnehmer hat man allerdings nicht diese
selbst befragt, sondern Mitarbeiter der ARGE, die Arbeitsgelegenheiten
vergeben. Aus deren Sicht gibt es »bedeutsame Effekte« im Leben der
Ein-Euro-Jobber: Möglichkeiten, Schulden zu tilgen, eine Verbesserung
des Selbstwertgefühls, Kontakte zur Arbeitswelt sowie – es darf
gestaunt werden – verbesserte soziale Integration. Zitiert wird auch
die Untersuchung von Anja Kettner und Martina Rebien, die Ende 2005
knapp 12 000 Betriebe bundesweit befragt hatten. Eine »direkte
Substitution« in Form der Einsparung von Personal sei nur bei vier
Prozent der Betriebe zu verzeichnen gewesen – indirekt wohl mehr.
Allerdings war ein Fünftel der Betriebe so ehrlich, anzugeben, durch
Ein-Euro-Jobs sei eine bessere Vertretung in Urlaubs- und Krankenzeiten
ermöglicht worden. Das wird in der Studie kritisch vermerkt. Aber
selbst die Träger scheinen überzeugt, es mit Zwangsarbeit zu tun zu
haben: Nach deren Ansicht jobben nur zwischen fünf und 15 Prozent
freiwillig für einen Euro. Warnend heißt es in der HA-Studie: »Der
Maßnahmenträger, z.B. eine soziale Einrichtung, hat (...) ein Interesse
an einer leistungsbereiten und flexibel einsetzbaren Arbeitskraft. Ohne
Lohnkosten können mit dieser Beschäftigungsform eine oder mehrere
Arbeitskräfte zusätzlich eingestellt werden. « (düp)
https://www.jungewelt.de/artikel/113524.studie-auswirkungen-auf-hessens-mittelstand.html