27.06.2008 / Feminismus / Seite 15
Parlament gegen Abtreibung
San Salvador. In El Salvador hat sich die Mehrheit der 84
Parlamentarier der Nationalversammlung für das sogenannte Buch des
Lebens und somit gegen die Legalisierung der therapeutischen Abtreibung
ausgesprochen. Dies berichtete am Mittwoch die Nachrichtenagentur IPS.
Das
»Buch des Lebens« ist eine Deklaration der honduranischen Abgeordneten
Marta Lorena Alvarado, die in ihrem Land rund 100 Parlamentarier auf
ihre Seite ziehen konnte. Nach El Salvador importiert wurde das
Dokument von der katholischen Kirche, von evangelikalen Gemeinschaften
und der konservativen Stiftung »Ja zum Leben«. Sie alle lehnen eine
Abtreibung selbst aus therapeutischen Gründen ab, also auch dann, wenn
Gesundheit und Leben der Mutter in Gefahr sind, der Fötus mißgebildet
oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung oder
Inzest-Beziehung ist.
In El Salvador bekräftigten die
Abgeordneten mit ihrem Votum die bestehende Gesetzeslage, denn jede
Abtreibung ist in dem Land bereits seit 1998 wieder strafbar und wird
je nach Schwere mit zwei bis zehn Jahren Haft geahndet. Schon mit
dieser Gesetzesänderung und jetzt erneut mit der Annahme des
»Lebensbuches« verstößt das Land gegen die vom ihm ratifizierten
Erklärungen der Pekinger Weltfrauenkonferenz von 1995 und ebenso gegen
die Konvention zur Eliminierung aller Formen der Diskriminierung der
Frau (CEDAW). Beide Dokumente gehören in El Salvador zum geltenden
Recht.
Für Aufruhr sorgt bei Frauenrechtlern nicht zuletzt, daß
auch Mitglieder der linken Oppositionspartei FMLN zu den Befürwortern
des Lebensbuches gehören. In El Salvador wird im kommenden Jahr
gewählt, und derzeit hat die FMLN gute Umfragewerte. (IPS/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/107973.parlament-gegen-abtreibung.html