04.03.2008 / Betrieb & Gewerkschaft / Seite 15

Lesetips

Selbstkastration

Die Selbstaufgabe der US-Automobilarbeitergewerkschaft UAW – sie mutierte durch Vereinbarungen mit General Motors und anderen Konzerne faktisch zu einem Versicherungsunternehmen (jW berichtete) – ist in interessierten Kreisen auch hierzulande bekannt. Wie weitgehend sich aber auch die kanadische CAW, die sich 1985 von der UAW wegen deren Verzichtspolitik abgespalten hatte, von ihren militanten Wurzeln entfernt hat, dokumentiert ein aus den Labor Notes übernommener Artikel im aktuellen Express.

Der Beitrag beschäftigt sich mit einem zwischen der CAW und dem Zulieferer Magna geschlossenen Vertrag über »Neue Partnerschaftlichkeit«. Dieser soll der CAW die Organisierung der rund 18000 Beschäftigten in dem bislang notorisch gewerkschaftsfeindlichen Unternehmen ermöglichen. Was sich zunächst wie ein großer Erfolg anhört, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Selbstkastration. Denn die CAW verzichtet auf das Recht, zum Streik aufzurufen! Wenn sich die Parteien in Tarifverhandlungen nicht einigen, wird das bindende Ergebnis in einem Schlichtungsprozeß festgelegt. Die Art der gewerkschaftlichen Repräsentation in den Betrieben ist durch und durch undemokratisch: Die von der CAW-Spitze unter Beteiligung des Managements benannten »Beschäftigtensprecher« können von den Mitgliedern drei Jahre lang weder bestätigt noch abgewählt werden. Eine solch weitgehende Abkehr einer einst kämpferischen Organisation von gewerkschaftlichen Grundprinzipien sollte für Aktivisten international eine Warnung sein.



Express Nr. 1/2008 – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit. 16 Seiten, 3,50 Euro, labournet.de/express

An Bord

Der Schiffstransport spielt in der globalisierten Ökonomie eine entscheidende Rolle. Rund 90 Prozent aller international gehandelten Güter werden auf dem Seeweg transportiert. Aber wie es heutzutage an Bord der Schiffe aussieht, ist weitgehend unbekannt. Wie sind die enormen Produktivitätssteigerungen in der Branche zustande gekommen, und welche Folgen hat dies für die Arbeitsbedingungen der Seeleute? Eine detaillierte Antwort auf diese Fragen findet man in dem – passender Weise im Verlag Westfälisches Dampfboot erschienenen – Buch »Arbeit auf See«.



Heide Gerstenberger/Ulrich Welke: Arbeit auf See – Zur Ökonomie und Ethnologie der Globalisierung. Westfälisches Dampfboot, Münster 2008 (2.Auflage), 399 Seiten 29,80 Euro. ISBN: 978-3-89691-575-7
https://www.jungewelt.de/artikel/101761.lesetips.html