09.02.2008 / Schwerpunkt / Seite 3
Umfrage: Klares Nein zu Kriegseinsatz
Die Forderung der NATO
nach einem Ausbau der deutschen Beteiligung beim Afghanistan-Krieg
trifft in der Bevölkerung auf breite Ablehnung. Die große Mehrheit (86
Prozent) meint, die Bundeswehr sollte grundsätzlich nicht an
Kampfeinsätzen teilnehmen. Lediglich 13 Prozent sind der Ansicht, daß
die Bundeswehr ebenso wie die Truppen anderer Länder auch Kampfeinsätze
übernehmen sollte. Dies ist das Ergebnis des aktuellen
ARD-DeutschlandTrends für die Tagesthemen, den das
Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap am Montag und Dienstag
dieser Woche erhoben hat. Die Umfrage wurde somit ausgeführt, bevor
Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) am Mittwoch die
zuvor bereits signalisierteÜbernahme einer Schnellen Eingreiftruppe im
Norden Afghanistans im Sommer offiziell bestätigte.
Unter den
Anhängern von Parteien findet die Beteiligung der Bundeswehr an
Kampfeinsätzen laut Umfrage die größte Zustimmung unter Wählern von FDP
und CDU/CSU, von denen 24 Prozent beziehungsweise 17 Prozent solchen
Kriegsbeteiligungen zustimmten. Bei Anhängern von SPD, Linkspartei und
Grünen lag die Zustimmung zwischen zwölf und 14 Prozent.
Laut
Umfrage sprachen sich 55 Prozent der Befragten dafür aus, die
Bundeswehr möglichst schnell aus Afghanistan abzuziehen. 42 Prozent
gaben an, die deutschen Soldaten sollten dort weiterhin stationiert
bleiben. Die ARD verwies darauf, daß der Bundeswehreinsatz in
Afghanistan damit derzeit mehr Zustimmung in der hiesigen Bevölkerung
hat, als noch im vergangenen September. Zu dem Zeitpunkt sprachen sich
62 Prozent der Befragten für einen Abzug und nur 34 Prozent für eine
weitere Stationierung aus.
Die in Afghanistan tätige Hilfs-
und Menschenrechtsorganisation medico international kritisierte am
Donnerstag die Entscheidung der Bundesregierung, Bundeswehrsoldaten für
Kampfeinsätze zu entsenden. Aus Sicht des medico-Geschäftsführers
Thomas Gebauer ist die militärische Strategie gescheitert: »Alle
wissen, daß die Probleme in Afghanistan nicht mit Kampfeinsätzen zu
lösen sind und laufen trotzdem immer weiter in die falsche Richtung.
Notwendig sei ein tragfähiges Wiederaufbaukonzept, um der afghanischen
Bevölkerung Zugang zu Bildung, Gesundheit und Arbeit zu ermöglichen.
Bisher zahlt Deutschland 530 Millionen Euro jährlich für den
Militäreinsatz, aber nur 100 Millionen Euro für den Wiederaufbau. »Es
müssen alle Leute an den Verhandlungstisch geholt werden – auch die
Taliban. Jede militärische Eskalation verschlechtert die
Sicherheitslage weiter. Das ist die Erfahrung, die wir in den letzten
Jahren gemacht haben«, sagte Sönke Widderich, Afghanistan-Koordinator
von medico international.
(jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/100495.umfrage-klares-nein-zu-kriegseinsatz.html