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Aus: Ausgabe vom 13.05.2025, Seite 12 / Thema
Metalle

Ringen um Ressourcen

Weltweit entbrennt ein Konkurrenzkampf um die für Zukunftstechnologien unentbehrlichen seltenen Erden und Rohstoffe wie Lithium
Von Wolfgang Pomrehn
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Für die Elektromobilitätsindustrie ist Lithium so wichtig, dass man bereits vom »weißen Gold« spricht (Labor einer Lithiumfabrik in Salta, Argentinien)

Ob in E-Autos, Akkus, Windkraftanlagen, Computern, Solarpaneelen oder modernen Rüstungsgütern aller Art: Ohne eine Reihe spezieller Metalle kommt die Industrie heute weniger denn je aus. Entsprechend hoch ist in Zeiten des weltweiten Wettrüstens, der um sich greifenden Digitalisierung, des Umbaus der Energieversorgung und der Elektrifizierung des Verkehrs der Hunger nach allerlei Mineralien und Erzen. Die Internationale Energieagentur (IEA) in Paris ging voriges Jahr davon aus, dass sich die globale Nachfrage nach den einschlägigen Rohstoffen von Mai 2024 bis 2030 noch einmal verdoppeln wird.¹ Zugleich wird den NATO-Staaten schmerzlich klar, dass sie nicht einerseits die Konfrontation mit Russland sowie dem aufstrebenden China suchen und andererseits weiter auf unverminderten Zugang zu ihren bisherigen Bezugsquellen hoffen können.

So ist Russland zum Beispiel weiter wichtiger Uranlieferant für Frankreich, ungeachtet aller sonstigen Sanktionen, mit denen die EU- und NATO-Mitglieder das Land belegt haben. Offenbar findet Paris keinen ausreichenden Ersatz – um so weniger als auch die ehemalige Kolonie Niger, wo der Uranabbau französischer Konzerne den Menschen nichts als Lungenkrebs und eine verheerte Umwelt hinterließ, sich endlich aus den alten Abhängigkeiten zu befreien sucht.

Oder nehmen wir die seltenen Erden, die Seltenerdmetalle, wie Chemiker sie nennen. Bei ihnen handelt es sich um eine Gruppe von 17 metallischen Elementen, die, anders als ihr Name vermuten lässt, nicht allzu selten sind. Allerdings sind sie schwer in Reinform und ausreichenden Konzentrationen zu finden, und entsprechend gibt es nicht besonders viele kommerziell nutzbare Vorkommen. Meist treten die Metalle dieser Gruppe in Erzen anderer Metalle auf und fallen bei deren Aufarbeitung ab – wenn man sich die Mühe macht.

Chinas Monopol?

Bisher geschieht das fast nur in China. Indien zum Beispiel verfügt zwar über bekannte Reserven an seltenen Erden im Umfang von immerhin 6,9 Millionen Tonnen – womit es weltweit an fünfter Stelle steht –, aber lässt diese bisher weitgehend ungenutzt. Die Raffineriekapazitäten für seltene Erde sind südlich des Himalajas zu vernachlässigen, schreibt Asia Times Online (24.4.2025). Beim großen Nachbarn im Norden sieht es dagegen ganz anders aus. China verfügt über 60 Prozent der global bekannten Reserven an seltenen Erden und 90 Prozent der derzeitigen Förderung und Aufbereitung, heißt es im letzten Rohstoffbericht der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) aus dem Dezember 2024.²

Der jüngsten Bestandsaufnahme des US-amerikanischen Geologischen Dienstes (USGS)³ zufolge ist der chinesische Anteil an den globalen Reserven etwas geringer. Der USGS berichtet von weiteren großen, im Prinzip ausbeutbaren Vorkommen in Vietnam, Brasilien, Australien und Russland. Die etwas unterschiedliche Einschätzung könnte mit Differenzen in der Bewertung der Vorkommen zusammenhängen. In der Geologie gilt ein Rohstoffvorkommen nur als Reserve, wenn es bekannt und profitabel zu fördern ist. Andernfalls wird von einer Ressource gesprochen. Was als Reserve gilt, hängt also nicht zuletzt vom jeweiligen Weltmarktpreis ab.

Auch über die Förderung gehen die Angaben etwas auseinander. So gibt es laut USGS nennenswerte Förderung auch in Australien, den USA und Myanmar. Allerdings ist offensichtlich die Aufbereitung der Erze und die Weiterverarbeitung der Metalle sehr stark in der Volksrepublik China konzentriert. Die Financial Times (24.4.2025) schreibt unter Berufung auf den USGS, dass 91 Prozent der seltenen Erden in China raffiniert werden. Demnach exportieren die USA bisher auch den allergrößten Teil ihrer Förderung und lassen ihn in China weiterverarbeiten.

Dass die Volksrepublik in den letzten Jahren dieses Quasimonopol herausgebildet hat, liegt vor allem an ihrer sehr langfristig angelegten Industriepolitik. Spätestens seit dem Beginn des Jahrtausends wurde zum einen die Entwicklung vieler Zukunftstechnologien vorangetrieben. Elektrofahrzeuge, Solar- und Windenergie, Akkus, aber auch Robotik und künstliche Intelligenz wurden zielstrebig entwickelt und zur Marktreife gebracht, während hierzulande oder auch in den USA die entsprechende Förderpolitik zögerlich, wechselhaft und unzuverlässig ist und zuletzt mit wachsendem Gegenwind der alten Industrien zu kämpfen hat. Zum anderen hat die langfristige makroökonomische Planung der Volksrepublik dafür gesorgt, dass auch die für die neuen Industrien benötigten Rohstoffe in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Entsprechend wurde systematisch in Erkundung, Erschließung und Aufbereitung der seltenen Erden investiert.

Verwendet werden diese dort unter anderem für die Herstellung von Permanentmagneten. In einer Legierung mit Bor und Eisen entstehen aus dem zu den seltenen Erden gehörenden Neodym die stärksten bekannten Magnete. In der Volksrepublik hat man deren Entwicklung seit Jahren vorangetrieben, so dass heute 94 Prozent der weltweiten Produktion dieser Magnete dort angesiedelt sind. Versorgt wird vor allem die stark expandierende heimische Industrie, aber ein Teil geht auch in den Export. Zum Einsatz kommen diese Neodym-Magnete unter anderem in vielen Elektromotoren (zum Beispiel für E-Autos, E-Busse und Drohnen), da sie als besonders effizient, Gewicht sparend und widerstandsfähig gegen hohe Temperaturen gelten. Auch in den Generatoren einiger deutscher Windkraftanlagenhersteller werden sie eingesetzt. Entsprechend ist deren Produktion meist von der Einfuhr von Rohstoffen oder Magneten aus China abhängig, zumindest aber von der Verfügbarkeit der seltenen Erden und des ebenfalls als kritischer Rohstoff eingeschätzten Bor, das den Chemikern als Halbmetall gilt.

Andere Hersteller kommen allerdings ohne Permanentmagnete aus und verwenden statt dessen Elektromagnete, die aus stromdurchflossenen Kupferspulen bestehen. Damit lässt sich ebenfalls ein Magnetfeld erzeugen, sie sind aber bisher deutlich schwerer als die Permanentmagnete. Allerdings hat der chinesische Windanlagenbauer Envision in Deutschland und Dänemark mit hiesigen Forschern einen supraleitenden Elektromagneten entwickelt und getestet, der die Generatoren um 40 Prozent leichter und damit den Einsatz der Neodym-Magnete in Windkraftanlagen tendenziell überflüssig macht.

Doch noch sind die USA und auch der Rest der Welt von den chinesischen Exporten abhängig – entweder von den Rohmaterialien oder von Fertigprodukten wie den Neodym-Magneten. Als Beijing 2014 vorübergehend die Ausfuhr seltener Erden einschränkte, um die Versorgung der eigenen Industrie sicherzustellen, die Reserven zu schonen und den Wildwuchs im seinerzeit nicht selten illegal und irregulär betriebenen Abbau einzudämmen, sorgte das seinerzeit für erhebliche Aufregung.⁴ Bei manchem deutschen Industrievertreter und Politiker klang es so, als würden ihnen »die Chinesen« »ihre« Rohstoffe vorenthalten.

Aktion und Reaktion

Gut möglich, dass schon bald wieder ähnliche Töne zu vernehmen sind. Die chinesische Regierung will sich nämlich im Handelskrieg mit den USA deren Abhängigkeiten zunutze machen. Schon unter Trumps Vorgänger Joseph Biden hat Beijing dessen Verbote, modernste Computerchips und andere Hightechprodukte an China zu verkaufen, mit Exportbeschränkungen beantwortet. Im Dezember 2024 wurden zum Beispiel die Ausfuhren von Germanium, Gallium und Antimon beschränkt, alles Metalle und Halbmetalle, die vielfältige Anwendung in der Industrie finden – Antimon zum Beispiel in Bleisäurebatterien, Elektrogeräten und Kunststoffen. Wie im Falle der seltenen Erden hat China zwar bei weitem nicht die einzigen Reserven, dominiert aber aufgrund weitsichtiger Planung die globale Förderung.

Inzwischen hat Trump nach seinem Amtsantritt Ende Januar eine erhebliche Verschärfung des Handelskonflikts zwischen den beiden ökonomischen Supermächten losgetreten. Auf seine Ankündigung, Einfuhren aus der Volksrepublik mit höheren Zöllen belegen zu wollen, reagierte Beijing in den vergangenen Monaten mit weiteren Ausfuhrrestriktionen. Zunächst wurde Anfang Februar 2025 die Ausfuhr von Wolfram, Wismut, Tellur, Molybdän und Indium beschränkt, alles für die IT- und die Rüstungsindustrie unverzichtbare Metalle und Halbmetalle, bei denen China laut USGS meist die globale Förderung und Aufarbeitung dominiert.

Anfang April reagierte Beijing dann auf eine neue Runde im US-Zollkrieg mit erneuten Beschränkungen für den Export einiger Elemente der seltenen Erden sowie für Magnete. Seit dem 4. April benötigen alle Firmen, die diese und die fünf bereits im Februar indizierten Rohstoffe ausführen wollen, für jede Lieferung ins Ausland eine spezielle Genehmigung, wofür das Bestimmungsland angegeben werden muss. Betroffen sind sieben der 17 Elemente der seltenen Erden, und zwar die schwereren unter ihnen, deren Trennung von anderen Mineralien am aufwendigsten ist, was sie besonders teuer macht. Auch diese Metalle werden oft in der Rüstungsindustrie verwendet.

China hat sich damit ein bürokratisches Instrument geschaffen, mit dem Ausfuhren dosiert und die Belieferung bestimmter Staaten ganz nach Belieben eingeschränkt, verzögert oder auch unterbunden werden kann. Betroffen wären neben der Rüstungsindustrie auch die Hersteller von Elektroautos und Solaranlagen. Man darf gespannt sein, wann und wie stark Beijing damit den USA die Daumenschrauben anziehen wird. Nach Angaben der Beratungsfirma S&P lagen die chinesischen Ausfuhren seltener Erden im Februar und März jeweils um knapp 25 Prozent unter den Werten der jeweiligen Vorjahresmonate.⁵

Die Schlüsselressource

Etwas anders ist die Situation beim Lithium, von dem ebenfalls oft die Rede ist, wenn es um kritische Rohstoffe geht. In verschiedenen Verbindungen mit anderen Mineralien, zum Beispiel Cobalt, Nickel, Phosphor, Eisen und Mangan, steckt es in den meisten Akkus von Handys und Elektrofahrzeugen. Hiervon werden in den USA erhebliche Mengen gefördert, doch das Land ist weit davon entfernt, den Weltmarkt zu dominieren. Mit Abstand größter Produzent war 2023 nach USGS-Angaben Australien, gefolgt von Chile, China und Argentinien.

Allerdings liegt die Volksrepublik bei der Entwicklung und Produktion von Akkus ganz weit vorn und hat deren Kosten seit 2010 durch größere Effizienz und Massenproduktion um rund 90 Prozent drücken können. Dadurch wird letztlich auch hierzulande die Energiewende vorangetrieben, die wegen der ungleichmäßigen Stromerzeugung von Windkraft- und Solaranlagen mehr Energiespeicher benötigt. Besonders in den vergangenen beiden Jahren hat sich der Zubau von Batteriespeichern sowohl in Privathaushalten als auch in größeren, industriellen Anwendungen erheblich beschleunigt und wird voraussichtlich rasch weiter wachsen. Der Bundesverband Solarwirtschaft rechnet mit einer Verfünffachung der Speicherkapazitäten von Anfang 2024 bis Ende kommenden Jahres, was angesichts der weiter fallenden Akkupreise nicht unrealistisch erscheint.

Hergestellt werden die Speicher auch in der EU, unter anderem von chinesischen Herstellern. Der größere Teil wird allerdings importiert. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern, haben die Regierungen der Mitgliedsländer beschlossen. Als Ziel wurde ausgegeben, bis zum Jahr 2030 90 Prozent des Bedarfs durch heimische Produktion abzudecken. Das dürfte allerdings nur sehr schwer zu erreichen sein, denn dafür müsste diese jährlich um über 30 bis 68 Prozent wachsen, wie Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ausgerechnet haben.⁶

Wie dem auch sei, das benötigte Lithium wird derzeit noch außerhalb Europas gewonnen. (Weltweit gehen nach USGS-Angaben 87 Prozent des Lithiums in die Akku-Herstellung, der Rest in verschiedene andere, meist industrielle Anwendungen.) Das in Deutschland verarbeitete Lithium kommt bisher vor allem aus Chile und den USA. In Chile, Argentinien und Bolivien gibt es riesige Lithiumvorkommen in weitgehend ausgetrockneten Seen. Flüsse und Bäche haben es dort in vielen Jahrtausenden aus dem Gestein der Anden gelöst und in die Seen getragen. Da diese keinen Abfluss zum Meer haben und Wasser nur durch Verdunstung verlieren, haben sich in ihnen zahlreiche Mineralien, so auch das Lithium, in Form verschiedener Salze angereichert.

Strategische Förderung

Hierzulande ist das Alkalimetall eher tief unter der Erde zu finden, und gar nicht mal wenig. Die BGR spricht in ihrem Jahresbericht von Ressourcen im Umfang von 3,8 Millionen Tonnen Lithium, womit Deutschland international auf Rang sieben liegt. Weltweit werden die Ressourcen derzeit auf 105 Millionen Tonnen geschätzt, wobei diese Menge ständig zunimmt. Aufgrund der rasch wachsenden Nachfrage wird nämlich viel Kapital in die Exploration neuer Lagerstätten gesteckt.

Wie groß die deutschen Reserven sind – das heißt, wieviel der 3,8 Millionen Tonnen sich beim gegenwärtigen Preis mit Gewinn abbauen lassen – ist allerdings noch unklar und wird derzeit in verschiedenen Projekten erkundet. Besonders vielversprechend scheint ein grenzüberschreitendes Vorkommen in Zinnwald im Erzgebirge, das laut BGR in Europa eines der größten seiner Art sein soll. Am dortigen Standort wurden im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts Zinn und Wolfram abgebaut. Als Nebenprodukt fiel dabei Lithiumglimmer an, der bis 1945 gefördert wurde. Die derzeit laufende Erkundung durch die Zinnwald Lithium GmbH sei weit fortgeschritten. Unterhalb des Besucherbergwerks solle demnächst ein Bergwerk entstehen, schreibt die BGR. 30 Jahre lang soll dort eine Förderung möglich sein. Das Vorkommen wird auf 429.000 Tonnen Lithium geschätzt, was etwas mehr als das Doppelte der derzeitigen weltweiten Jahresproduktion ist. Das Unternehmen hat außerdem Explorationslizenzen für mehrere in der Nachbarschaft gelegene Vorkommen.

Lithium ist auch unter den Stoffen, die von der Ende 2023 verabschiedeten EU-Rohstoff-Richtlinie abgedeckt werden. In dieser werden 34 Mineralien als kritisch und davon 17 als strategisch eingestuft. Die Richtlinie sieht die Privilegierung von Bergbauunternehmen, die Sicherung der Lieferketten und nicht zuletzt deren Diversifizierung vor. Bis 2030 will man erreichen, dass zehn Prozent der fraglichen Rohstoffe in EU-Ländern gefördert und weitere 25 Prozent durch verstärktes Recycling abgedeckt werden. Außerdem sollen 40 Prozent im Inland aufbereitet und von keinem einzigen Rohstoff mehr als 65 Prozent des Imports aus einem einzelnen Land bezogen werden. Als der Entwurf dieser »Europäischen Verordnung über kritische Rohstoffe« vor zwei Jahren vorgelegt wurde, argumentierte Ursula von der Leyen vor allem mit Energiewende und Klimaschutz. Die EU-Kommissionspräsidentin machte allerdings klar, dass es auch um »Verteidigungs- und Raumfahrtanwendungen« geht. Wie ehedem ist der Kampf um die Rohstoffe auch heute noch Teil des imperialistischen Kampfs um Macht und Dominanz.

Auf Druck von Umweltschützern, Grünen und der Linken im Brüsseler Parlament sind einige eher weiche Auflagen für die Bergbauunternehmen aufgenommen worden. Schädliche Auswirkungen auf Umwelt und Anwohner sollen minimiert werden, betroffene indigene Bevölkerungen müssen vor der Erschließung neuer Gruben konsultiert werden. Doch schon die künftige Überprüfung dieser eher vagen Vorgaben bleibt fraglich. Konzerne können sich die strategische Bedeutung ihrer Vorhaben gegebenenfalls durch andere private Unternehmen zertifizieren lassen.

Klimaschäden

Dabei ist der Bergbau seit jeher eine sehr zerstörerische Angelegenheit mit schlimmen Folgen für Mensch und Umwelt. Der Kohleabbau in Kolumbien vergiftet das Wasser benachbarter Flüsse; die seltenen Erden treten regelmäßig in Verbindung mit radioaktiven Elementen auf; für den Kohletagebau im Rheinland wird der Grundwasserspiegel erheblich abgesenkt und einer der fruchtbarsten Ackerböden Europas zerstört; von den trockenen Abraumhalden des Uranabbaus in Niger und Namibia wird radioaktiver Staub verweht; im Amazonasbecken vergiften illegale Goldsucher Flüsse mit Quecksilber; im Kongobecken befeuert der Abbau von Coltan blutige Bürgerkriege. Die Liste der Beispiele ist schier endlos, und wie ehedem ist die Jagd nach dem großen Profit – der gerade in Zeiten steigender Nachfrage und entsprechend hoher Preise lockt – mit Vertreibung der Anwohner und Morden an Widerspenstigen verbunden.

Schon deshalb müsste der Metallverbrauch verringert werden. So hatte es die Fraktion der Linksparteien im EU-Parlament in der Debatte über die Verordnung gefordert. Ein Mittel dazu wäre, die Zahl und nicht zuletzt die Größe privater Pkw zu reduzieren und zugleich mit guten öffentlichen Verkehrssystemen Mobilität für jedermann zu schaffen. Auch Abrüstung könnte den Bedarf deutlich reduzieren. Doch wie bekannt geschieht gerade das Gegenteil: Nach Angaben des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) wurden 2024 ganze 2,718 Billionen US-Dollar (2,4 Billionen Euro) oder 2,5 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung für Militär und Rüstung ausgegeben.⁷ Das war gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg von 9,4 Prozent. Im Vergleich zu 2015 sind die Ausgaben für Tod und Zerstörung sogar um 37 Prozent angewachsen. Deutschland lag übrigens schon 2024 hinter den USA, China und Russland bereits an vierter Stelle.

Eine dritte Möglichkeit, den Verbrauch knapper Ressourcen zu beschränken, wäre Substitution. Wie oben schon für das Neodym kurz erwähnt, gibt es fast immer Alternativen – wenn nur genug in Forschung und Entwicklung investiert würde. Akkus müssen zum Beispiel nicht zwangsläufig auf Lithium basieren, wie der chinesische Konzern CATL demonstriert. Dieser ist nicht nur einer der ganz großen im Geschäft mit den Lithiumionenakkus, sondern hat inzwischen eine kostengünstige Alternative zur Marktreife gebracht. Zum Jahresende soll die Massenfertigung eines Natriumionenakkus beginnen, berichtete die in Hongkong erscheinende South China Morning Post (21.4.2025). Ein durchschnittlicher Pkw wird mit diesem Akku eine Reichweite von 500 Kilometern haben, ist also seinem Lithium-Vetter ebenbürtig. Zudem ist Natrium als Bestandteil des Kochsalzes (Natriumchlorid) ein allgegenwärtiger und günstiger Rohstoff.

Anmerkungen

1 Vgl. Global Critical Minerals Outlook 2024, https://www.iea.org/reports/global-critical-minerals-outlook-2024

2 Vgl. Bericht zur Rohstoffsituation in Deutschland 2023, https://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Min_rohstoffe/Downloads/rohsit-2023.html

3 Vgl. Mineral Commodity Summaries 2024, https://pubs.usgs.gov/publication/mcs2024

4 Vgl. A Political Economy of China’s Export Restrictions on Rare Earth Elements, https://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp15025.pdf

5 Vgl. https://www.spglobal.com/market-intelligence/en/news-insights/research/materials-supply-chains-face-import-reviews-export-restrictions

6 Steffen Link/Lara Schneider/Annegret Stephan u. a.: Feasibility of Meeting Future Battery Demand via Domestic Cell Production in Europe. Nat Energy 10, 526–534 (2025), https://doi.org/10.1038/s41560-025-01722-y

7 Trends in World Military Ependiture, 2024, https://www.sipri.org/publications/2025/sipri-fact-sheets/trends-world-military-expenditure-2024

Wolfgang Pomrehn schrieb an dieser Stelle zuletzt am 18. Dezember 2024 über den Versuch, Erdgas ein grünes Image zu verschaffen: »Eine dreckige Lüge«.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (12. Mai 2025 um 21:25 Uhr)
    Ganz kurz zur Substitution von Neodym in Generatoren: »Die Spulen aus Hochtemperatur-Supraleitermaterial (HTS) werden auf minus 243 Grad Celsius gekühlt.« »Der HTS-Film, das Herz der supraleitenden Spulen, ist eine Legierung aus Gadolinium, Barium und Kupferoxid.« (https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/premiere-fuer-den-supraleitenden-generator/). Und das ist Gadolinium: »ein chemisches Element mit dem Elementsymbol Gd und der Ordnungszahl 64. Im Periodensystem steht es in der Gruppe der Lanthanoide und zählt damit auch zu den Metallen der Seltenen Erden.« Im auf minus 243 Grad Celsius gekühlten Tesla möchte ich lieber nicht durch die Gegend brausen, da könnte mir der Arsch auf Grundeis gehen. Ach, das auch noch: »Gadolinium wird nur in geringerem Umfang produziert und benötigt. Wichtigster Produzent ist, wie bei allen Seltenerdmetallen, die Volksrepublik China.« (https://de.wikipedia.org/wiki/Gadolinium). Den Metallverbrauch verringern, klaro: »Ein Mittel dazu wäre, die Zahl und nicht zuletzt die Größe privater Pkw zu reduzieren und zugleich mit guten öffentlichen Verkehrssystemen Mobilität für jedermann zu schaffen. Auch Abrüstung könnte den Bedarf deutlich reduzieren.« Da aber unendliches Wachstum für den Kapitalismus notwendig ist, wird die begrenzte Quelle »Erde« unbeschränkt ausgebeutet (»in Wert gesetzt«), mit Kollateralschäden halt, wie im Artikel beschrieben.

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