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Aus: Ausgabe vom 27.09.2024, Seite 5 / Inland
Tesla in Grünheide

Hausbesuch vom Chef

Krankenstand von 15 Prozent bei Tesla in Grünheide. Manager klingeln an Wohnungstüren. Kritik von IG Metall
Von Susanne Knütter
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»Das machen viele Unternehmen«, sagt Werkleiter Thierig (nicht im Bild)

Man habe einfach nur fragen wollen, wie geht es dir? Um Forderungen oder Kritik sei es bei den Hausbesuchen doch gar nicht gegangen, erklärte Erik Demmler, Personalchef von Tesla in Grünheide, laut einem Handelsblatt-Bericht vom Dienstag. Am Donnerstag verteidigte auch André Thierig, der Leiter des Automobilwerks in Grünheide, die unangemeldeten Hausbesuche bei kranken Beschäftigten und schloss sie für die Zukunft auch nicht aus. Hausbesuche seien nichts Ungewöhnliches – »das machen viele Unternehmen«, sagte er laut dpa. »Wir wollten an die Arbeitsmoral der Belegschaft appellieren.«

Die liest das Unternehmen am Krankenstand ab. »Phasenweise hat er 15 Prozent oder mehr erreicht«, sagte Thierig. »Wir haben gut 200 Mitarbeiter festgestellt, die sich in der Lohnfortzahlung befinden, aber die in diesem Jahr noch gar nicht arbeiten waren. Sie bringen mindestens alle sechs Wochen neue Krankmeldungen … Wir haben uns zwei Dutzend Fälle herausgesucht.« Der Fertigungs- und der Personalleiter hätten dann unangekündigt Hausbesuche bei den Beschäftigten gemacht. Das kam nicht gut an. Das Handelsblatt berichtete von Beschäftigten, die die 110 wählen wollten.

Laut Handelsblatt wird das Vorgehen vom Betriebsrat begrüßt. Dort stellt die IG Metall zwar die größte Liste, hat aber keine Mehrheit. Die Gewerkschaft indes verurteilt die Hausbesuche. »Beschäftigte aus fast allen Bereichen des Werks berichteten von extrem hoher Arbeitsbelastung«, erklärte Dirk Schulze, Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen. »Wenn Personal fehlt, werden die Kranken unter Druck gesetzt und die noch Gesunden mit zusätzlicher Arbeit überlastet. Wenn die Werkleitung den Krankenstand wirklich senken will, sollte sie diesen Teufelskreis durchbrechen.«

Das Tesla-Management sieht kein Problem bei den Arbeitsbedingungen und verweist auf ein Fitnessstudio im Werk, Betriebsärzte und Physiotherapeuten. Außerdem will es Phänomene erkannt haben: »Freitags und in Spätschichten sind zirka fünf Prozent mehr Mitarbeiter krankgemeldet als an anderen Wochentagen«, sagte Thierig. Und: Tesla habe mehr als 1.500 Leiharbeiter, die unter den gleichen Bedingungen arbeiteten. Hier liege der Krankenstand bei zwei Prozent. Der Tesla-Leiter allerdings unterschlägt die ungleich prekäreren Vertragsbedingungen von Leiharbeitern. Dass sie weniger fehlen, könnte genauso gut Indikator für Präsentismus sein, das Arbeiten trotz Krankheit oder Schmerzen.

Interessant ist auch, dass eine Prämie von 1.000 Euro bei weniger als fünf Prozent Krankenstand, wie das Handelsblatt berichtete, nicht geholfen habe. Tesla-Beschäftigte waren auch im Vergleich zu denen in anderen Betrieben häufiger krank. Dem Statistischen Bundesamt zufolge meldeten sich 2023 durchschnittlich 6,1 Prozent der Beschäftigten krank. Im Fahrzeugbau lagen die Fehlzeiten nach einer Statistik der Krankenkasse DAK 2023 bei 5,2 Prozent.

Tatsächlich gibt es auch woanders Ausreißer aus der Statistik, und zwar immer da, wo die Arbeitsbedingungen besonders problematisch sind, wie in der Altenpflege oder im Sozial- und Erziehungsdienst. Auch das Fehlen tariflicher Regelungen und Versuche, Gewerkschaften aus dem Betrieb herauszuhalten spielen eine Rolle. Tesla verweigert den knapp 12.000 Beschäftigten in Grünheide bislang einen Tarifvertrag.

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