Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13.01.2024
Gegründet 1947 Mittwoch, 6. Dezember 2023, Nr. 284
Die junge Welt wird von 2753 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13.01.2024 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13.01.2024
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13.01.2024
Aus: Ausgabe vom 02.10.2023, Seite 15 / Politisches Buch
Forschungen zur Arbeiterbewegung

Harte Fakten

Neues Heft der Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung
Von Stefan Bollinger
imago0148304804h.jpg
Hungersnot in der Sowjetunion 1932/33 – Fakten und Interpretationen

Im aktuellen Heft der Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung werden einmal mehr kontroverse Themen angepackt. Nur bedingt gilt das allerdings für die nun schon achte Folge von Matthias Johns detailreich dokumentierter Geschichte von Karl Liebknechts Prozessführung als Verteidiger im Verfahren gegen russische Revolutionäre 1904 vor einem Gericht in Königsberg. Diese die Zeitschrift vom Platzbedarf her fast sprengende Artikelfolge erklärt freilich die enge Verbindung Liebknechts mit der Russischen Revolution.

Berthold Werlein wendet sich ausführlich der Hungersnot in der Sowjetunion von 1932/33 zu und setzt sich auf der Basis der vorliegenden seriösen Forschung mit Fakten und Interpretationen dieses grausigen Kapitels sowjetischer Geschichte auseinander. Keinesfalls tauge es als »Opfer- und Gründungsmythos« für die heutige Ukraine, der als »Holodomor« mittlerweile vom Bundestag zum Bestandteil deutscher Staatsideologie erhoben wurde.

Seit den 1980er Jahren liegen die Hintergründe dieser Hungersnot für die Forschung offen. Dass hier bis zu sieben Millionen Menschen ums Leben kamen, darunter drei Millionen ukrainische ­Sowjetbürger, ist unumstritten. Ukrainer stellten die größte Opfergruppe, Kasachstan verlor allerdings im Verhältnis zu seiner Bevölkerung die meisten Menschen, ethnische Russen traf es ebenfalls hart. Die heute erfolgende »Nationalisierung« dieser Hungernot als gezielter Völkermord gegen Ukrainer wird von Werlein abgelehnt. Dass er zielgerichtet jene Untersuchungen heranzieht, die jenseits von Spekulationen harte Fakten liefern, ist dankenswert.

Die sowjetische Führung sah die bäuerliche Gesellschaft als Teil der Vergangenheit. In der gegebenen Situation sollten die Bauern schnell in eine sozialistische Gesellschaftsstruktur getrieben werden und als Kolchosbauern ihren Beitrag leisten. Dass das mit rigiden Methoden betrieben wurde, ist unstrittig; dass die Landwirtschaft Getreide und Produkte für die unterversorgten Städte und damit für die forcierte Industrialisierung liefern sollte, gehörte zu den Grundzügen der Politik Stalins.

Dokumentiert wird die Bilanzrede von Siegfried Prokop vor der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde (GBM) anlässlich ihrer Auflösung im Dezember 2022. Er verdeutlicht die Konsequenzen der von Bonn diktierten Art und Weise der Übernahme der DDR mit ihren Folgen für die Wirtschaft und die soziale Situation sowie der Kaltstellung der DDR-Intelligenz in einem Prozess des Überstülpens der westdeutschen Positionen auf den Osten. Gegen diese »strukturelle Kolonialisierung« agierte die GBM. Deren Ende ist allerdings auch das Ende eines auslaufenden Generationenprojekts.

Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Nr. 3/2023, 180 Seiten, 16 Euro, Bestellungen über den Buchhandel oder direkt beim Trafo-Wissenschaftsverlag, Finkenstr. 8, 12261 Berlin, E-Mail: info@trafoberlin.de

Immer noch kein Abo?

Die junge Welt ist oft provokant, inhaltlich klar und immer ehrlich. Als einzige marxistische Tageszeitung Deutschlands beschäftigt sie sich mit den großen und drängendsten Fragen unserer Zeit: Wieso wird wieder aufgerüstet? Wer führt Krieg gegen wen? Wessen Interessen vertritt der Staat? Und wem nützen die aktuellen Herrschaftsverhältnisse? Kurz: Wem gehört die Welt? In Zeiten wie diesen, in denen sich der Meinungskorridor in der BRD immer weiter schließt, ist die junge Welt unersetzlich.

Ähnliche:

  • In »Atomic Heart« geht es darum, die Sowjetunion vor den von ihr...
    17.04.2023

    Mit der Sowjetunion siegen

    Das Videospiel »Atomic Heart« hat eine Kontroverse ausgelöst. Die ukrainische Regierung fordert gar dessen Verbot
  • Hammer und Sichel über der Krim: Flaggenhissung nach der Befreiu...
    06.03.2023

    Russland und die Krim

    Historische und strategische Ansprüche auf die Halbinsel im Schwarzen Meer
  • Selbstkritisch gegenüber dem eigenen Wirken am Ende der DDR. Han...
    20.02.2023

    Aufrechter Linker

    Am 10. Februar ist der letzte sozialistische Regierungschef der DDR, Hans Modrow, verstorben. Ein Nachruf

Regio:

Mehr aus: Politisches Buch