Frieden? Nicht mit Biden
Von Jörg Kronauer
US-Präsident Joseph Biden kündigt die Fortsetzung des erbitterten US-Machtkampfs gegen China an. Biden habe dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping bei ihrem ersten persönlichen Treffen seit Bidens Amtsantritt am Montag auf Bali mitgeteilt, die USA würden weiterhin »heftig mit China rivalisieren«, gaben US-Regierungskreise nach der Zusammenkunft bekannt. Nur das Abgleiten in einen offenen Konflikt bzw. in einen Krieg solle verhindert werden, hatte Biden bereits vorab erklärt und geäußert, im Gespräch mit Xi wolle er »rote Linien« festlegen und »Leitplanken« gegen eine unkontrollierte Eskalation errichten.
Xi hatte seinerseits vor dem Treffen, das mit fast drei Stunden deutlich länger dauerte als zunächst geplant, festgestellt, beide Staaten stünden »vor einer Menge Herausforderungen«, die es nun zu lösen gelte. Mit Blick darauf, dass die transpazifische Rivalität mittlerweile die gesamte Weltpolitik in ihren Sog zieht, hatte Xi hinzugefügt, es gelte auch darüber nachzudenken, »wie mit anderen Ländern und der weiten Welt umgegangen werden sollte«. Konkret sprachen Xi und Biden nicht zuletzt über Taiwan, dessen Status als Teil Chinas Washington in jüngster Zeit zwar nicht förmlich, aber doch praktisch zunehmend in Frage stellt. Wie die Nachrichtenagentur Xinhua anschließend berichtete, ließ Xi keinerlei Zweifel daran, dass Taiwan für Beijing eine der von Biden vorab angesprochenen »roten Linien« darstellt. Offen thematisiert wurden auch die Differenzen mit Blick auf den Ukraine-Krieg. Xi bestand dabei auf der chinesischen Position, es gebe »keine einfache Lösung« für den Konflikt; eine »Konfrontation zwischen Großmächten« gelte es allerdings um jeden Preis zu vermeiden.
Die Spannungen zwischen dem Westen und Russland überschatten auch den am Dienstag beginnenden G20-Gipfel. Moskau ist nicht mit Präsident Wladimir Putin vertreten, obwohl Indonesiens Regierung als Gastgeberin massivem Druck aus dem Westen widerstanden und die Einladung an ihn aufrechterhalten hatte. Putin hat nun jedoch seinerseits abgesagt und Außenminister Sergej Lawrow nach Bali entsandt. Für heute ist auf dem Gipfel eine Debatte über »Ernährungs- und Energiesicherheit« vorgesehen, was sich der Sache nach auf die Getreideexporte der Ukraine ebenso beziehen müsste wie auf die russische Getreide- und Düngerausfuhr; diese werden durch westliche Sanktionen behindert. Der Westen interpretiert den Tagesordnungspunkt allerdings laut Berichten als Stichwort für eine Diskussion über den Ukraine-Krieg. Bundeskanzler Olaf Scholz wird mit der Äußerung zitiert, er hoffe auf ein Bekenntnis der G20-Staaten, keine Nuklearwaffen einzusetzen. Fraglich ist, ob Biden zustimmen würde: Die US-Nuklearstrategie sieht keinen Erstschlagsverzicht vor.
Unklar ist auch, ob der G20-Gipfel eine gemeinsame Abschlusserklärung verabschieden wird. Die westlichen G20-Staaten wollen, um Russland zu isolieren, eine Formulierung in die Erklärung aufnehmen, die den Überfall auf die Ukraine verurteilt. Mehrere nichtwestliche G20-Staaten haben Anfang März in der UN-Generalversammlung in diesem Sinne votiert, sind jedoch nicht bereit, Moskau auch in der Praxis auszugrenzen. Scholz brachte zuletzt eine »Meinungsbildung« dahingehend ins Gespräch, »dass das Recht vor der Macht gehen muss«. Damit würden die westlichen Staaten freilich auch ihre eigene Weltpolitik verurteilen.
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Westen forciert Spaltung
Die drittrangige Frage, ob China nun Flugzeuge von Boeing oder von Airbus kauft, ließe sich perspektivisch klar entscheiden: »weder – noch«. An Kurswagen wäre zu denken zwischen Memphis, Tennessee, und Konstanz, Bodensee; zwischen den Hügeln San Franciscos und jenen der Stadt Zürich; zwischen Frankfort (Kentucky) und Frankfurt/Oder; auch zwischen der kanadischen Transcontinental und ihrer norwegischen Entsprechung Oslo–Bergen. Für den Einsatz lokbespannter Schnellzüge käme Consulting durch Österreichs ÖBB, für die Netzumspurung ihrer so innig geliebten Nordwestukraine Consulting aus Spanien in Frage.
Selbst Mr. Trumps Nachkommen könnten sich davon überzeugen, was für eine »schöne Stadt« Belgien ist. Und die in Ehren ergraute Frau Thunberg könnte – mit der dann längst allgemein verbreiteten »Flygskam« (Flugscham) – leichten Herzens, bequem und kultiviert chinesische, kanadische und US-amerikanische Ziele erreichen. »Sie wollen nicht? How dare you?«
Aber auch international, im Kontext der Initiative »Neue Seidenstraße« und ihrer vorbildlichen Kooperation mit afrikanischen Staaten, dürfte China absehbar Normalspurbahnen über den Nahen Osten und Ägypten etwas bis Kenia bauen, die auch Zweiglinien nach Europa umfassen und so die breitspurbedingte subotimale transsibirische Variante ergänzen oder ersetzen – zumal am Güterzug Beijing-Duisburg bis heute leider die Reisezuwagen fehlen.
Was läge näher, als seitens der USA ein Projekt der vorletzten Jahrhundertwende zu aktualisieren? Damals war an eine Schlafwagenverbindung Lissabon-New York über Moskau und Alaska gedacht! »Reisen statt fliegen«, stand noch vor 20 Jahren auf den City-Nightline-Zügen der DB. Die drittrangige Frage, ob China nun Flugzeuge von Boeing oder Airbus kauft, ließe sich perspektivisch klar entscheiden: Weder – noch. An Kurswagen wäre zu denken zwischen Memphis in Tennessee und Konstanz am Bodensee, zwischen den Hügeln San Franciscos und jenen der Stadt Zürich, zwischen Frankfort (Kentucky) und Frankfurt/Oder, auch zwischen der kanadischen Transcontinental und ihrer norwegischen Entsprechung Oslo-Bergen. Für den Einsatz lokbespannter Schnellzüge käme Consulting durch Österreichs ÖBB, für die Netzumspurung ihrer so innig geliebten Nordwestukraine Consulting aus Spanien in Frage. Selbst Mr. Trumps Nachkommen könnten sich davon überzeugen, was für eine »schöne Stadt« Belgien ist. Und die in Ehren ergraute Greta Thunberg könnte – mit der dann längst allgemein verbreiteten Flugscham – leichten Herzens, bequem und kultiviert chinesische, kanadische und US-Ziele erreichen. Sie wollen nicht? How dare you?