Schwierige Wahlvorbereitungen
Von Gerrit Hoekman
Seit Montag sitzen in Kairo die Vertreter der wichtigsten palästinensischen Fraktionen zusammen. Thema in Ägyptens Hauptstadt sind die Parlamentswahlen, die am 22. Mai stattfinden sollen, sowie die Wahl eines neuen Präsidenten, die für den 31. Juli vorgesehen ist. Das hatte der palästinensische Präsident Mahmud Abbas Mitte Januar mittels Dekret festgelegt. Es wären die ersten Urnengänge seit fast 15 Jahren.
An der Zusammenkunft nehmen laut der palästinensischen Nachrichtenagentur SAFA außer den beiden größten Gruppen Hamas und Fatah auch die marxistische PFLP, die leninistische DFLP, der Islamische Dschihad und neun kleinere Fraktionen teil. Ob sich die Teilnehmer am Ende wirklich einigen können, ist ungewiss. Zuletzt hatten sich die Fraktionen am 3. September 2020 in Ramallah und Beirut getroffen.
Die Autonomiebehörde hatte bereits mehrfach baldige Wahlen versprochen, die am Ende doch nicht stattfanden. »Aber jetzt, da das Dekret von unserer Seite erlassen wurde, werden wir es termingerecht erfüllen«, versicherte der Fatah-Offizielle Azzam Al-Ahmad Ende Januar gegenüber der israelischen Internetzeitung Times of Israel. Palästinenser auf der Westbank, in Gaza und in Ostjerusalem sollen wahlberechtigt sein. Selbst für den Fall, dass Israel die Abstimmung in Ostjerusalem unterbinden wolle, versicherte Fatah-Generalsekretär Dschibril Radschub am vergangenen Dienstag in einem Interview mit Palestine TV, werde sie stattfinden.
In einem am Sonnabend auf der Internetseite der Parteizeitung Al-Hurriya (»Die Freiheit«) veröffentlichten Statement drückte die DFLP die Hoffnung aus, »einen politischen, verfahrenstechnischen und rechtlichen Konsens zu erzielen, der die Beseitigung aller Barrieren gewährleistet, die unser Volk daran hindern, sein verfassungsmäßiges Recht auszuüben und in vollständiger Freiheit, Integrität und Transparenz an der Abstimmung teilzunehmen«. Wer den rechtmäßigen Ablauf der Wahl kontrolliert, dürfte indes der größte Streitpunkt sein. Hamas und Fatah misstrauen sich zutiefst und gehen davon aus, dass die andere Seite das Wahlergebnis manipulieren könnte. Die anderen Fraktionen misstrauen beiden.
Ungeachtet dessen geht in Palästina das Gerücht um, Hamas und Fatah könnten bei der Parlamentswahl mit einer gemeinsamen Kandidatenliste antreten. So eine Liste wäre sinnvoll, weil sie das Risiko einer Wahlniederlage für beide Fraktionen auf ein Minimum reduziert. Alleine das Gerücht sorgte bereits für einige Unruhe innerhalb der Fatah. »Das ist undemokratisch, ignoriert alles, was in der Vergangenheit passiert ist und ist politisch unmöglich«, stellte das ZK-Mitglied Nassir Al-Kidwa fest, der als möglicher Nachfolger von Präsident Abbas gehandelt wird.
Angesichts der großen programmatischen Differenzen und der langen Feindschaft zwischen den beiden Organisation scheint eine gemeinsame Liste wenig wahrscheinlich. Wenn es wider Erwarten doch so kommen sollte, würde ein Szenario wie 2006 drohen. Damals hatte die Hamas die Wahl gewonnen und zunächst zusammen mit der Fatah eine Regierung gebildet. Die Meinungsverschiedenheiten führten 2007 in Gaza schließlich zu einer militärischen Auseinandersetzung, aus der Hamas als Siegerin hervorging. Seitdem herrscht sie im Gazastreifen und die Fatah auf der Westbank.
Auch Fatah-Generalsekretär Radschub sagte in dem Interview mit Palestine TV, es gebe keine Abmachung mit der Hamas oder irgendeiner anderen Gruppe über eine gemeinsame Wahlliste. Aber man gehe nach Kairo mit »einem offenen Herzen für alle Möglichkeiten«. Die Bedingung der Fatah für ein Wahlbündnis sei allerdings klar, so Radschub: Hamas muss sich zum Programm der PLO bekennen. Das hat sie jedoch bis heute vehement abgelehnt.
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