Schlechte Aussichten für Erfurter Drucker
Von Raphaël Schmeller
Wie geht es weiter im Erfurter Druckzentrum? Am vergangenen Montag kam die Belegschaft zusammen, um die verschiedenen Handlungsoptionen zu diskutieren. Denn zwischen dem Inhaber, der Funke-Mediengruppe, und Beschäftigtenvertretern gibt es »keine Annäherung der Positionen«, so Jan Schulze-Husmann, zuständiger Tarifsekretär von Verdi, am Mittwoch gegenüber jW. Mit großer Mehrheit habe man sich dafür entschieden, nicht gleich in Sozialplanverhandlungen zu treten, sagte Schulze-Husmann weiter. »Die Belegschaft hat sich darauf verständigt, dass als nächster Schritt die Einigungsstelle angerufen werden soll.«
Damit wird erst einmal der übliche Weg gegangen, wenn sich in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten Unternehmen und Betriebsrat nicht einigen können. Das im Betriebsverfassungsgesetz festgeschriebene Organ wird sich also die Schließungspläne der Funke-Bosse genau anschauen müssen – und das schafft den Betroffenen Luft, um die weitere Mobilisierung zu planen. Das ist wichtig, denn nun geht es darum, in den Verhandlungen mit dem Essener Medienkonzern die bestmöglichen Ergebnisse für die Beschäftigten zu erzielen. Schließlich scheinen die Hoffnungen auf eine Rettung der Druckerei allmählich ganz zu schwinden. Von der Thüringer Staatskanzlei ist in Sachen Erhalt des Druckzentrums immer noch quasi nichts gekommen. Zwischen einzelnen Landtagsabgeordneten der Partei Die Linke, die sich mehrfach gegen die Schließung geäußert haben, und dem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (ebenfalls Die Linke) scheint da Funkstille zu herrschen. »Die Fraktionen sind alle mit sich selbst beschäftigt«, beklagte Schulze-Husmann.
Zur Erinnerung: Die Funke-Mediengruppe will ihr Druckzentrum in Erfurt Ende 2021 dichtmachen und begründet dies mit zu hohen Kosten für die nötige Modernisierung des Standorts sowie sinkenden Auflagen und einer neuen »digitalen Strategie« des Konzerns (siehe jW vom 21. Januar 2021). Die Schließung würde aus Thüringen das erste Bundesland ohne eigene Zeitungsdruckerei machen. Die betroffenen Regionalblätter müssten in Zukunft in Braunschweig über die Rollenoffsetmaschinen gehen, womit sich die Andruckzeiten um drei Stunden nach vorn verschieben und die Zeitungen dadurch an Aktualität verlieren würden.
Verdi will das nicht einfach so hinnehmen. Kommende Woche werden die Gewerkschaftsmitglieder des Standorts erneut zusammenkommen, um Forderungen auszuformulieren. Man habe in solchen Situationen dank Streiks schon einige Male Erfolge für die Beschäftigten erreicht, so Schulze-Husmann. »Wir werden den Druck auf Funke weiter erhöhen«. Kampfesmutig sind auch Kollegen aus Europa, die schon einige Solidaritätsbekundungen nach Erfurt geschickt haben. Syndicom, die größte Kommunikations- und Mediengewerkschaft der Schweiz, schrieb etwa: »Da die Maßnahmen ohne klare und nachvollziehbare Begründung ergriffen und die von den Arbeitnehmenden-Vertretungen vorgeschlagenen Alternativen zur Aufrechterhaltung des Betriebs nicht ernsthaft geprüft wurden, sind die Unternehmenspläne aus gewerkschaftlicher Sicht abzulehnen.«
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