Mehr als nur Beihilfe

Im Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke geht die Nebenklage von einer direkten Tatbeteiligung des wegen Beihilfe mitangeklagten Markus Hartmann aus. Am Dienstag begann der Anwalt der Witwe und der Söhne des CDU-Politikers mit seinem Plädoyer. Dabei betonte er, seine Mandanten hielten die Äußerungen des hauptangeklagten Neonazis Stephan Ernst für glaubhaft – auch was die Rolle Hartmanns angehe. Ohne ihn hätte es den Mord an Lübcke nicht gegeben, sagte Anwalt Holger Matt. In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main wirft die Anklage Ernst vor, den CDU-Politiker im Juni 2019 auf der Terrasse von dessen Wohnhaus erschossen zu haben. Die Bundesanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer im Dezember lebenslange Haft und Sicherheitsverwahrung für Ernst gefordert, für den Mitangeklagten eine Haftstrafe von neun Jahren und acht Monaten.
Die Familie Lübcke stütze sich in ihrer Überzeugung für Hartmanns Mittäterschaft auf das dritte Geständnis von Ernst sowie seine Angaben von November und Dezember. Darin hatte er ausgesagt, dass er geschossen habe, der Mitangeklagte aber zum Tatzeitpunkt auch am Tatort gewesen sei. Diese Aussage sei ein »knallharter Beweis«, sagte Matt. Die Genspur Ernsts auf Lübckes Hemd sei »nur erklärbar mit zwei Tätern«. Der Anwalt kritisierte, dass Lübckes Gartenmöbel nicht auf Schmauchspuren untersucht worden seien. Dadurch hätten die Angaben von Ernst »zusätzlich verifiziert oder falsifiziert werden können«. Zahlreiche Indizien hätten die Aussagen Ernsts bestätigt. Matt warf den Verfassungsschutzbehörden mit Blick auf die als Neonazis bekannten Angeklagten ein »Komplettversagen« vor.
»Wir haben den Prozess fortlaufend beobachtet und können uns der Einschätzung der Familie Lübcke weitestgehend anschließen«, teilte Hermann Schaus, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Hessischen Landtag und Obmann im Lübcke-Untersuchungsausschuss, am Dienstag mit. »Die Behörden hätten die Hetzkampagne gegen Walter Lübcke unterbinden und die späteren Mörder nicht aus dem Blick verlieren dürfen«, so Schaus. Dies sei »spätestens nach der Selbstenttarnung des NSU-Terrors im Jahr 2011 und dem politischen Versprechen, dies nie wieder geschehen zu lassen, kaum noch zu erklären«. (dpa/AFP/jW)
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