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Aus: Ausgabe vom 09.10.2020, Seite 3 / Schwerpunkt
Côte d’Ivoire

Hintergrund: Frankreichs Mann

Insgesamt 27 Jahre lang verfolgte der amtierende Präsident Côte d’Ivoires, Alassane Ouattara, seine Karriere beim Internationalen Währungsfonds (IWF). Nach seiner Amtszeit als ivorischer Premierminister von 1990 bis 1993 stieg er 1994 erneut beim IWF ein, als stellvertretender Direktor. In diesem Zeitraum fiel die Entscheidung Frankreichs mit »Unterstützung« des Währungsfonds, die in den westafrikanischen Exkolonien geltende, an die Pariser gekoppelte Währung CFA-Franc um 50 Prozent abzuwerten. In der Folge froren die betroffenen Regierungen die Löhne ein; Entlassungen folgten, und ein verringertes Warenangebot führte vielerorts zu Unruhen. Ouattara kritisiert heute die von afrikanischen Regierungen angestoßene Debatte um ein Ende dieses monetären Abhängigkeitsverhältnisses. Für ihn ist der CFA-Franc weiterhin eine »solide und gut organisierte« Währung, und er steht fest an der Seite des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der Ende 2019 eine »Reform« des kolonialen Geldes in Gang gebracht hat.

Nach dem Tod des seit der Unabhängigkeit amtierenden Präsidenten Félix Houphouët-Boigny 1993 war Ouattara im Machtkampf um die Spitzenposition im Land dem damaligen Vorsitzenden des Parlaments, Henri Konan Bédié, unterlegen. Dieser führte in seiner Amtszeit das in den 1970er Jahren entwickelte »Konzept der Ivorität« als Bedingung für Präsidentschaftskandidaten ein. Zuvor hatte Ouattara als Premier den Status von eingewanderten Menschen als »Nichtivorer« und damit verbundene Einschränkungen bereits im Ausweis festschreiben lassen. Die Erweiterung Bédiés führte jedoch dazu, dass Ouattara von einer Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen 1995 und 2000 ausgeschlossen war. Nach der Neufassung mussten beide Elternteile Ivorer sein, Ouattaras Mutter soll jedoch aus Burkina Faso stammen.

Die Präsidentschaftswahl 2000 konnte dann der sozialistische Politiker Laurent Gbagbo von der Front populaire ivoirien (FPI) für sich entscheiden. Zwei Jahre später erhob sich ein Teil der Armee gegen die Regierung und brachte den Norden Côte d’Ivoires unter seine Kontrolle. Frankreich reagierte verzögert auf Gbagbos Bitten um Einhaltung des bestehenden Verteidigungsabkommens und zementierte mit der Einrichtung einer »Pufferzone« zwischen Nord und Süd faktisch die Teilung des Landes. Die für 2005 angesetzten Wahlen mussten aufgrund des offiziell bis 2007 dauernden Bürgerkriegs stetig verschoben werden. Bei der dann 2010 durchgeführten Präsidentschaftswahl durfte auch Ouattara nach einer Wahlrechtsreform antreten. Der Verfassungsrat erklärte Gbagbo zum Sieger, Ouattara ließ sich ebenfalls zum Präsidenten erklären. Mit militärischer Unterstützung Frankreichs wurde er im Mai 2011 als Staatschef vereidigt. (si)

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