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18.09.2020, 19:20:33 / Inland

Vorratsdatenspeicherung: Vorstoß im Bundesrat

Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorp
Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, am Freitag im Bundesrat in Berlin

Berlin. Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) setzt sich für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ein. Am Freitag stellte das Land dazu einen Entschließungsantrag im Bundesrat in Berlin vor, der sich an die Bundesregierung richtet. Er wurde zur weiteren Beratung an die Fachausschüsse überwiesen. Die Schweriner Landesregierung begründet ihren Vorstoß mit dem staatlichen Kampf gegen Kinderpornographie und »rechtsextremistische Straftaten« sowie damit, dass ihr zufolge »die Identifizierung von mutmaßlichen Tätern im Internet in der Realität häufig scheitert«, wie es auf der Internetseite der Länderkammer heißt. Der Bundesrat solle die Bundesregierung auffordern, die Einführung der euphemistisch »Mindestspeicherfrist« genannten anlasslosen Speicherung von Nutzerdaten vorzubereiten.

Unterstützung erhält der Vorstoß aus Mecklenburg-Vorpommern unter anderem vom Deutschen Richterbund. »Ohne eine anwendbare Regelung zu Mindestspeicherfristen ist die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder ganz erheblich erschwert«, behauptete Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung (Freitagausgabe).

Das Ende 2015 in Kraft getretene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ist derzeit ausgesetzt, weil dazu ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aussteht. Das Gesetz sieht vor, dass Unternehmen Telefon- und Internetverbindungsdaten ihrer Kunden zehn Wochen lang anlasslos speichern. Die Daten können von den Behörden gegebenenfalls zum Zweck der Strafverfolgung abgerufen werden.

Auf EU-Ebene trat die Vorratsdatenspeicherung am 3. Mai 2006 als Richtlinie in Kraft, die nationale Regelungen vereinheitlichen sollte. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erklärte im März 2010 das damalige Gesetz für verfassungswidrig. Der EuGH befand im April 2014 die EU-Richtlinie für ungültig. Den zweiten Anlauf zu einem Gesetz im Jahr 2014 hatte der damalige Justizminister Heiko Maas (SPD) zu verantworten. Es trat im Dezember 2015 in Kraft. Ein Jahr später stellte der EuGH in einem Urteil erneut klar, dass die allgemeine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung rechtswidrig ist. (jW)