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Online Extra
14.07.2020, 18:54:00 / Ausland

Berichte: Madrid überwachte Kataloniens Parlamentspräsident

In Madrid nicht sonderlich beliebt: Kataloniens Parlamentspräsid
In Madrid nicht sonderlich beliebt: Kataloniens Parlamentspräsident Roger Torrent (Barcelona, 17.10.19)

Madrid. Der Parlamentspräsident Kataloniens, Roger Torrent, ist nach Medienberichten mutmaßlich von einer Behörde Spaniens systematisch überwacht worden. Torrent sei eine von rund 1.400 Personen, die über das eigene Handy ausspioniert worden seien, berichteten am Dienstag die Zeitungen El País und The Guardian. Das Mobiltelefon des 40jährigen sei im vergangenen Jahr mit Hilfe einer israelischen Spyware überwacht worden, die laut Hersteller nur an Regierungen und Geheimdienste verkauft werde, hieß es.

Diese Berichte seien ein Beweis dafür, dass in Spanien »der Staat Spionage gegen die politischen Gegner betreibt«, sagte Torrent am Dienstag in einer ersten Stellungnahme. Das sei mit einer Demokratie unvereinbar. Der Politiker kündigte rechtliche Schritte an und rief die sozialdemokratische Zentralregierung dazu auf, eine Untersuchung einzuleiten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. »Wir werden alles tun, um der Sache auf den Grund zu gehen und die Wahrheit zu ermitteln«, sagte er.

Die Regierung bestritt derweil jede Beteiligung oder Kenntnis eines Ausspionierens von Torrent und anderen Unabhängigkeitsbefürwortern Kataloniens. Das Innenministerium in Madrid versicherte, weder die Regierung noch die dem Ministerium unterstehenden Behörden hätten »jemals irgendeine Beziehung« zu dem im Bericht genannten israelischen Unternehmen NSO Group gehabt. Niemand habe die Überwachungssoftware Pegasus gekauft, die sich den Medienberichten zufolge via Whatsapp unbemerkt auf ein Handy installieren und die gesamte Kommunikation, die mit dem Gerät getätigt werde, überwachen könne.

Unter Berufung auf eine Studie des renommierten Forschungslabors »The Citizen Lab« an der Universität von Toronto, die die Whatsapp-Schwachstelle im Zusammenhang mit Spionage untersucht habe, berichteten El País und The Guardian, neben Torrent seien mindestens zwei weitere hochrangige Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung sowie rund 1.400 Personen weltweit mit Hilfe der Software im April und Mai 2019 ausspioniert worden. (dpa/jW)

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