Fall Amri: Schwere Vorwürfe gegen Innenministerium
Berlin. Ein Kriminalhauptkommissar des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes (LKA) hat im Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz schwere Vorwürfe erhoben. Ein Beamter des Bundeskriminalamtes habe ihm am Rande einer Besprechung am 23. Februar 2016 gesagt, der Informant des nordrhein-westfälischen LKA, der damals auf die Gefährlichkeit des späteren Attentäters Anis Amri hingewiesen habe, »mache zu viel Arbeit«. Diese Auffassung werde auch von »ganz oben« vertreten, habe ihm der BKA-Beamte in dem Vier-Augen-Gespräch gesagt. Auf seine Nachfrage, wer mit »ganz oben« gemeint sei, habe der Beamte das Bundesinnenministerium oder den damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) selbst sowie einen leitenden Kriminaldirektor des BKA im Bereich Staatsschutz genannt. Der LKA-Mitarbeiter aus NRW sagte, seine Behörde habe damals gegenüber dem BKA und dem Landeskriminalamt Berlin, wo sich Amri inzwischen häufig aufhielt, klargemacht, dass der Informant absolut glaubwürdig sei und seit vielen Jahren für das LKA arbeite.
Amri hatte am 19. Dezember 2016 in Berlin einen Lastwagen gekapert. Er raste damit über den Weihnachtsmarkt und tötete zwölf Menschen. »Wenn eine V-Person, die als einzige Quelle auf die Gefahr von Anis Amri aufmerksam gemacht hat, mundtot gemacht werden sollte und das auch vom Innenminister ausgegangen sein soll, wäre das ein erschütternder Skandal«, erklärte der FDP-Obmann im Untersuchungsausschuss, Benjamin Strasser. »Die Verhinderung von Terroranschlägen scheint dem BKA weniger wichtig gewesen zu sein als die Ausschaltung einer bis dato perfekt informierten Quelle«, kritisierte Martina Renner (Linke). Die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic sagte: »Es steht im Raum, dass hier von höchster Stelle gezielt Einfluss darauf genommen wurde, die Ermittlungen gegen Anis Amri zu torpedieren.« (dpa/jW)
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