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Aus: Ausgabe vom 16.10.2019, Seite 10 / Feuilleton
Frankfurter Buchmesse

Die Schau ist eröffnet

Buchmesse: Sasa Stanisic ausgezeichnet
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Stanisic bei der Verleihung mit Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, im Frankfurter Römer am Montag

Der Deutsche Buchpreis 2019 geht an Sasa Stanisic. Der 41jährige Schriftsteller wurde am Montag abend, kurz vor Beginn der Buchmesse, in Frankfurt am Main für sein autobiographisches Werk »Herkunft« geehrt. In seiner Dankesrede griff er den Literaturnobelpreisträger Peter Handke scharf an. Die Entscheidung der Schwedischen Akademie in der vergangenen Woche habe ihm die Freude über seinen Preis »vermiest«, sagte er im Kaisersaal des Frankfurter Römer. Der österreichische Schriftsteller hatte in den 90er Jahren während des NATO-Kriegs gegen Jugoslawien für Serbien Partei ergriffen. Der aus Bosnien stammende Stanisic bezichtigte Handke nun der Lüge: Dieser erwähne die Opfer der Serben nicht und lege sich die Wirklichkeit zurecht. Dass Handke vor allem die einseitige Berichterstattung in der westlichen Öffentlichkeit kritisiert und eine gerechte Einordnung der Rolle Serbiens eingefordert hatte, erwähnte Stanisic nicht.

In »Herkunft« erzählt er von seiner Großmutter, die langsam das Gedächtnis verliert, und von der Flucht seiner Familie während des Bosnien-Kriegs nach Deutschland. Dabei umkreist er die Frage nach der Bedeutung von Herkunft allgemein. Der Deutsche Buchpreis wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergeben. Dieser richtet auch die Frankfurter Buchmesse aus, die am Dienstag mittag mit einer Pressekonferenz eröffnet wurde. Gastland ist in diesem Jahr Norwegen.

Auf der Pressekonferenz sagte die aus Polen stammende Literaturnobelpreisträgerin für das Jahr 2018, Olga Tokarczuk, sie beobachte bei den Schriftstellern ihres Landes ob der politischen Rechtsentwicklung einen »Hang zur Selbstzensur«. Über den Sieg der rechten PiS-Partei bei den Parlamentswahlen sei sie »nicht besonders glücklich«. Sie beunruhige »der Versuch einer historischen Erinnerungspolitik«.

Kurz vor der Bücherschau hatte der scheidende Vorsteher des Börsenvereins des ­Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller, gegenüber dpa die Lage der Branche positiv eingeschätzt: »Im Jahr 2018 ist die Zahl der Buchkäufer wieder um 300.000 gestiegen. Ob das eine Trendwende ist, weiß ich nicht, aber es geht langsam wieder aufwärts.« Wenn die Frankfurter Buchmesse am Sonntag schließt, endet nach sechs Jahren Riethmüllers Amtszeit. Auf den Buchhändler folgt die Mainzer Verlegerin Karin Schmidt-Friderichs vom Verlag Hermann Schmidt. (dpa/jW)

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