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Aus: Ausgabe vom 01.06.2017, Seite 10 / Feuilleton
Droste

Erdbeert mich, ihr schönen Spargeln!

Von Wiglaf Droste

Von Wiglaf DrosteSpargel das ganze Jahr über? Niemals! Gerade weil ich die Spargeln so liebe, diese erotischen Geschmacksdildos – oder sagt man Dilden? –, will ich sie nur zur Spargelzeit, und dann habe ich gut neun Monate, mich auf die nächste Saison zu freuen, eine Schwangerschaft der Vorfreuden.

So ist es mit der Erdbeere auch; köstlich ist sie, aufregend, ein Aphrodisiakum für die Schönheit und Süße des Lebens, und mittags gibt es sogar einen Spargeln-Erdbeeren-Salat als Vorspeise und Eintrittsbillett für das Abenteuer des Glücks, wie es nur Mai und Juni verströmen können, mit diesem noch nicht ganz durchsättigten hellen Grün, durch das schöne Frauen in Rot wandeln zur farbkontrastischen und gleichwohl harmonischen Freude.

Emsig singt der Vogel und saust durch die Lüfte, die Brut zu füttern, die sperrschnabelweit geöffnet nach »Futter, Futter, Vater und Mutter!« brüllt, doch konkurriert der Vogel mit mir nicht um die Erdbeere noch um die Spargeln, wie auch ich ihm nicht den Wurm neide oder das Insekt. »Friedliche Koexistenz«, eine Ornithologie der Pariser Kommune, in der ich, den Fuß auf dem Boden sacht tippend, »Spargel me all night long« singe.

Spargeln und Erdäpfel vom Baum der Erkenntnis, ein Zwischenhoch und zuverlässig ewiger Humus zugleich, und darüber zerläuft, leicht salzig, Mutter als Butter, spricht weise »Haargel nein, Spargeln ja«, und die Erdbeeren stöckeln in leichtem roten Sommerkleid durchs Bild wie Balsamicoierte. Des Schinkens bedarf ich nicht; für mich, Lebensziel süße Sau, stirbt in diesem Leben kein Schwein mehr. Und nun, Schöne, walte der Spargelnstange; wir werden glücklich sein, wenn wir an Spargeln nicht sparen.

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